Mehr als 1200 Jahre Geschichte sind verbunden mit dem Stift Mattsee
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Zu Besuch im ehrenamtlich geführten Stiftsmuseum Mattsee
Von: Sandra Biondi (Studierende an der FH Joanneum Ausstellungsdesign), Graz

Mehr als 1200 Jahre Geschichte sind verbunden mit dem Stift Mattsee. Als Teil des Stifts nimmt das Stiftsmuseum die Aufgabe wahr, Schönes, Kunstvolles und Wissenswertes aus der Mattseer Geschichte zu vermitteln. Sandra Biondi hat mit Josef Sturm, dem Leiter des Stiftsmuseums, über seine Arbeit gesprochen.

Sandra Biondi (SB): Herr Sturm, Sie leiten ehrenamtlich das Stiftsmuseum Mattsee und kümmern sich allein um den Museumsbetrieb?
Josef Sturm (JS): Ja, von der kreativen Seite her schon, wobei ich mich aber umhöre, sodass ich immer wieder gute und interessante Informationen bekomme. Grundsätzlich bin ich allein, aber ich habe mir einen kleinen, ehrenamtlichen Mitarbeiterstab aufgebaut und ich habe eine rechte Hand, mit der ich auch viele Sachen besprechen kann.

SB: Bevor Sie im Stiftsmuseum tätig waren, haben Sie lange Zeit in der Region eine Bankfiliale geleitet. Wie kamen Sie zu Ihrer jetzigen Position?
JS: Der Stiftsprobst von Mattsee hat mich gefragt, ob ich ihm nicht im Büro helfen könnte, wenn Besucher kommen, weil ich auch immer bei Veranstaltungen im Stift dabei war. Einmal war eine Führung geplant, der Stiftprobst aber verhindert, er bat mich, die Führung an seiner Stelle zu machen. Ich sagte: „Ich kann das nicht, ich habe mich damit überhaupt nicht beschäftigt“ und er sagte daraufhin, ich solle den Museumsführer zur Hilfe nehmen. Das habe ich dann gemacht – natürlich war die Führung nicht sehr gut, aber die Leute hatten Verständnis und so hat es begonnen. Ich habe dann angefangen, mich mehr mit der Thematik zu beschäftigen und als dann sowohl er als auch der Kunsthistoriker, der für das Stiftsmuseum tätig war, schwer erkrankt sind, haben sie mich darum gebeten, das Museum zu übernehmen. Schon davor habe ich angefangen, in Salzburg Geschichte zu studieren und kann das nun natürlich gut einsetzen. Früher haben sie hier nicht so viele Führungen gemacht, vielleicht vier oder fünf im Jahr, aber inzwischen sind es über hundert und die Leute, die hierherkommen, sind geschichtlich sehr interessiert. Mit dem Pastoralen und Kirchlichen allein erwischt man die Leute auch nicht so.

SB: Sie haben die Ausstellungsräume also inhaltlich um andere Themen erweitert?
JS: Es ist so, dass es bei der Führung eigentlich drei Teile gibt. Es beginnt bei uns immer im Freien am Stiftsplatz, da mache ich das Geschichtliche und das interessiert die Leute total. Danach geht es in die Kirche, wobei ich dort auch liturgische Sachen miteinbeziehe und die Leute frage, ob sie gemeinsam etwas singen oder beten wollen. Davon sind die Leute oft sehr berührt. Als letztes kommt die Residenz, in der die Pröbste gewohnt haben und dort schauen wir uns die Kunstwerke an, die im Eigentum des Stifts sind.

SB: Sie haben vor einiger Zeit eine Ausbildung zum „Qualifizierten Museumsarbeiter“ beim Landesverband Salzburger Museen gemacht. Könnten Sie die Ausbildung etwas näher beschreiben?
JS: „Qualifiziert“ bin ich noch nicht, weil ich noch nicht alle Seminare besucht habe. Aber der Salzburger Landesverband bietet ganz tolle Seminare an. Es sind immer mindestens Ein-Tages-Seminare mit Praktika und Theoretika, in denen es zum Beispiel darum geht, wie man alte Schriften aufbewahrt oder wie man mit dem Computer umgeht, um Inventarisierungen zu machen. Die Seminare werden immer von Leuten geleitet, die aktiv im Museum tätig sind und ihr Wissen weitergeben.
Aber es ist ein Zeitproblem, weil ich auch andere Sachen zu tun habe und im Museum so stark mit den Führungen eingespannt bin. Ich habe aber ein paar Kollegen, die mir hin und wieder aushelfen, sonst müsste ich manche Führungen absagen.

SB: Sie haben schon ein paar Aufgaben angesprochen, die Sie übernehmen, aber könnten Sie Ihren organisatorischen Alltag noch einmal kurz zusammenfassen?
JS: Für heuer habe ich zum Beispiel die Maria Theresia-Ausstellung geplant. Salzburg hat zwar keinen direkten Bezug zu Maria Theresia, weil es nicht habsburgisch war, aber ich habe dann doch ein paar Bezugspunkte gefunden. Sogar Josef II. war mal hier in Mattsee, das habe ich in seinem Reisejournal herausgefunden. Daran arbeite ich seit Oktober und da habe ich das Konzept schon so gut, wie fertig. Ich frage natürlich auch Freunde und Bekannte nach ihrer Meinung, aber die Kreativität kommt in erster Linie von mir. Mit dem Konzept gehe ich dann zu einem Mediendesigner, der ein früherer Kunde von mir ist und der hilft mir dann bei der Umsetzung, da arbeiten wir Tag und Nacht. Wir haben aber wenig Geld.
Dann bereiten wir auch gerade den Internationalen Tag der Museen vor. Da gibt es jedes Jahr ein bestimmtes Thema, heuer zum Beispiel ist das Thema Spurensuche. Das Stift Mattsee hat 105 Epitaphien und zwei Latein-Professoren, die bei mir eine Führung gemacht haben, meinten, sie möchte gern etwas tun und sie übersetzen mir jetzt die Epitaphien entgeltfrei.
Eine andere wichtige Aufgabe ist auch das dokumentarische Arbeiten, d. h. das Inventarisieren der Objekte und die bildliche Dokumentation. Das ist für die Nachfolgen wichtig.

SB: Wie würden sie den zeitlichen Aufwand in ihrer Position einschätzen?
JS: In der Intensivzeit gehen drei volle Tage in der Woche drauf, insgesamt sind das etwa dreißig Stunden. Und da ist das Studium noch nicht inkludiert. Meine Frau hilft mir viel, sie ist sehr kreativ, aber ich möchte sie auch nicht zu sehr einspannen. Es muss eben passen und man darf das Leben einfach nicht vergessen. In der Bank war es oft zu viel, das würde ich heute nicht mehr machen. Das erkennt man oft nicht, wenn man für etwas begeistert ist und sich denkt, es gibt nichts anderes als das. Das ist mir schon immer wieder bewusst. Aber ich sehe auch einen Sinn in meiner Arbeit. Ich habe so viele Kinder da gehabt, die sind immer neugierig und ich sage dann zu ihnen: „Ihr habt es selbst in der Hand, ob ihr euch in der Kunst was anschaut, ob ihr ein Buch lest oder ob ihr das Handy in der Hand habt“. Es ist wichtig, dass man sich mit solchen Dingen beschäftigt und ich denke, wer sich mit Geschichte beschäftigt, der kennt sich auch besser in Geografie und in Religion aus. Heute ist es so, dass die Leute zum Teil gar nicht mehr mitbestimmen können, weil sie zu wenig wissen oder dass sie einfach alles hinnehmen. Ich bin ja niemandem mehr was schuldig und wenn es jemanden gibt, der das besser kann als ich, dann unterstütze ich denjenigen gern. Aber jetzt habe ich mich entschieden, dass ich das mache, solange es passt.

Credits und Zusatzinfos: 
Foto: Sabine Fauland
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