
(young)MAK-Party im Rahmen der Eröffnung „La Turbo Avedon“ – Foto: MAK/Johannes Hloch
Wer macht mit uns Party im Museum?
So lautete eine der Fragestellungen des letzten Open Calls, der dazu aufrief, Teil der (young)MAK Community zu werden und das MAK – Museum für angewandte Kunst in Wien mitzugestalten. Das Projekt (young)MAK zeigt, wie Publikum aktiv werden kann, wenn die notwendigen Freiräume sowie ein Grundvertrauen seitens der Institution gegeben sind. Um sich auf diesen Austausch einzulassen, wurden Diskussionen gefördert, Kritik ernst genommen und die Möglichkeit geboten, tatsächlich Veränderungsprozesse zu starten.
In den letzten Jahren entwickelte das MAK im Rahmen seines Audience-Development-Prozesses unterschiedliche Strategien, um diversen Interessensgruppen des Museums zu begegnen. Neben quantitativen Besucher:innenbefragungen, die die Grundbedürfnisse der Besucher:innen erforschen, zielten Fokusgruppen und Audience-Engagement-Projekte darauf ab, mit dem Publikum in Austausch zu treten und es an der Gestaltung des Museums teilhaben zu lassen. Als eine dieser Initiativen wurde (young)MAK ins Leben gerufen.
Gemeinsam starten
(young)MAK wurde mit dem Ziel gegründet, das Museum attraktiver für junge Menschen im Alter von 16 bis 26 Jahren zu machen. Daraus entwickelte sich eine dauerhaft etablierte Community, die als Netzwerk fungiert und die den Museumsraum in enger Zusammenarbeit mit den MAK-Mitarbeiter:innen nutzt, um Programm für ihre Altersgruppe zu gestalten.
2020 startete das Projekt mit einer Gruppe von fünf motivierten jungen Erwachsenen und wurde von Grund auf neu entwickelt. In gemeinsamen Workshops wurden Corporate Identity, Name sowie Leitbild definiert und ausgearbeitet; der Grundstein für (young)MAK war gelegt. Diese kollektive Entwicklung der Projektziele war für die Identifikation der Gruppe mit dem Museum – und somit auch für den Erfolg des Projektes – entscheidend.
(young)MAK versteht sich als Sprungbrett, Netzwerk und Diskursraum. Die jungen Mitglieder können das Museum nutzen, um Inputs zu bekommen und ihre Ideen gemeinsam mit anderen umzusetzen.
Credits für Ideen
Das freiwillige Engagement jedes einzelnen Mitgliedes wird mit großem Enthusiasmus vonseiten des MAK gefördert und wertgeschätzt. Junge Menschen treffen sich in ihrer Freizeit und denken darüber nach, wie das Museum als ein Ort für junge Menschen gestaltet werden kann. Daher war es von Anfang an oberste Priorität, den Mitgliedern etwas zurückzugeben. Neben dem Austausch im Netzwerk untereinander bekommen die Mitglieder Einblicke in die Arbeit im Museum, lernen Kurator:innen, Künstler:innen und andere Berufsfelder kennen und können darüber hinaus selbst öffentliche Programme gestalten.
Die (young)MAK-Mitgliedschaft ist an keine fixen Aufgaben gebunden. Jedes Mitglied kann frei entscheiden, wie viel es beitragen und wie sehr es sich aktiv einbringen will. Durch die Etablierung von Credits wird die Arbeit jener sichtbar gemacht, die sich an den Arbeitsgruppen zu unterschiedlichen Themen oder Events beteiligen. Die Namen der (young)MAK-Mitglieder und die von ihnen übernommenen Aufgaben werden auf dem (young)MAK-Instagram-Account sowie auf der Webseite und den Social-Media-Kanälen kommuniziert. Eine prägnante Kommunikation nach außen und professionelle Social-Media-Arbeit ist für die Sichtbarmachung und damit auch für die Wertschätzung der freiwilligen Arbeit der Mitglieder wesentlich.
Strukturen als Prozess
Um echte Partizipation zu ermöglichen, ist es wichtig, die jungen Erwachsenen ernst zu nehmen und ihnen auf Augenhöhe zu begegnen. Gerade für ihre Blickwinkel, Wünsche und Bedürfnisse sind etablierte Strukturen oft eine Herausforderung, die es immer wieder neu zu verhandeln gilt. Dabei ist es wesentlich, Diskussionsräume als Safe Spaces auch für unterschiedliche Meinungen in der Gruppe zu ermöglichen und zu moderieren.
Da ein freier und niederschwelliger Zugang zum Netzwerk möglich ist, wächst die Community, die derzeit bei 66 Mitgliedern liegt, stetig an. Das macht ein kontinuierliches Neudenken und Umstrukturieren von Prozessen notwendig, damit alle gleichermaßen am Netzwerk teilhaben können. Auch die sich wandelnden individuellen Interessen der Mitglieder erfordern die Bereitschaft, neuen Fragestellungen gemeinsam mit den Mitgliedern als Gruppe zu begegnen.
Der ungestüme und manchmal unerfahrene Zugang der (young)MAK-Mitglieder zu Möglichkeiten und Einschränkungen lässt es überhaupt erst zu, Museum neu zu denken. Um Enttäuschungen zu vermeiden und an umsetzbaren Ideen zu arbeiten, sollten Ressourcen und Rahmenbedingungen von Anfang an klar kommuniziert werden. Dabei die Fantasie nicht zu verlieren und Grenzen immer wieder neu auszuloten, ist das, was Spaß macht.
Um Entscheidungsprozesse transparenter und klarer zu gestalten, wurden im Herbst 2024 monatliche Plenen eingeführt, in denen die teilnehmenden Mitglieder die Möglichkeit haben, ihre Ideen vorzustellen und deren Realisierung gemeinsam zu organisieren. Damit sollen im kollektiven Prozess typische Entscheidungs- und Machtverhältnisse aufgebrochen und Fragen erörtert werden: Wie wird entschieden, welche Künstler:innen wir zu unseren Programmen einladen? Wie kann bei der Auswahl sichergestellt werden, dass ihre Positionierung gesellschaftlich relevant ist? Wie kann (young)MAK neue Themen und Perspektiven in das Museum als etablierte Institution einbringen?
Die Diskussionen in den Plenen spiegeln wichtige Museumsfragen im Kleinen wider. Forderungen nach kostenlosem Eintritt werden genauso gestellt wie die nach einem Awareness-Team bei den (young)MAK-Partys.
Die Programme kommen an
Die Ideen der Gruppe wurden bisher mit großem Erfolg umgesetzt. Die offene diskursive Workshop-Reihe „Open Häkeln“, bei der gemeinsam (textile) Handwerkstechniken angewandt werden und geladenen Künstler:innen oder Denker:innen Impulse zum Diskurs geben, entwickelte sich zu zahlreichen anderen Formaten weiter, wie beispielsweise „Open Aktzeichen“, „Open Tufting“, „Open Melt Down“ oder „Open Keramik“. Die MAK-Säulenhalle wird zum offenen Workshop-Setting für alle. Interessierte können ohne Anmeldung mitmachen, voneinander lernen und netzwerken.
Hinter den üblicherweise nicht zugänglichen Türen des MAK-Kaminzimmers findet das relativ neue Format „Research + Drinks“ statt. Es ermöglicht einen Austausch von Forschungsergebnissen zwischen etablierten Expert:innen und jungen Forscher:innen und führt so zu neuen Spannungsfeldern und Sichtweisen. Auch die (young)MAK-Partys, deren Line-Up mit Sorgfalt nach intersektionalen Aspekten gewählt wird, sind für die Community ein wichtiger Bestandteil ihrer Strahlkraft nach außen und für die Akquise von neuen Mitgliedern.
Bei der Realisierung der Projekte und auch bei der Suche nach Inputs und Inspiration, die oft mit Inhalten von MAK-Ausstellungen korrespondieren, ist der Austausch zwischen den Mitgliedern und den unterschiedlichen Abteilungen und Mitarbeiter:innen des Museums wesentlich. Die Basis für erfolgreiche Community-Projekte ist der Rückhalt und das Vertrauen des gesamten Hauses und der Geschäftsführung.
Diversität im Fokus
Im Jahr 2024 hat die Gruppe das Thema Diversität stark ins Zentrum ihrer Diskussionen gerückt. Einerseits wurde der Wunsch laut, bei der Programmgestaltung und bei der Auswahl von Künstler:innen für (young)MAK-Programme bewusst und aktiv gegen Ausschlüsse in der Gesellschaft zu arbeiten und speziell diejenigen anzusprechen, die oft aus der institutionellen Kulturlandschaft ausgeschlossen sind. Andererseits wurde die eigene Homogenität der Gruppe infrage gestellt und mit einem neu ausdifferenzierten Open Call der Versuch gestartet, den Zugang weiter zu öffnen. Eine eigene Arbeitsgruppe entwickelte, unterstützt von D–Arts, Projektbüro für Diversität, Wien (www.d-arts.at), einen Code of Conduct, der den neuen Mitgliedern beim Kick-off präsentiert wurde. Dieser wird als lebendes Dokument laufend neu verhandelt.
Diese neuen Perspektiven und Blickwinkel entfalten eine Strahlkraft und Wirkung auf die Institution als Ganzes. Beim Austausch mit den Kurator:innen und Mitarbeiter:innen entstehen Denkanstöße, die wiederum zu neuen Betrachtungen beitragen. Um sozial und gesellschaftlich relevant zu bleiben, müssen sich kulturelle Institutionen trauen, sich wirklich zu öffnen und in Diskurs mit dem (jungen) Publikum treten, um auch von ihm zu lernen.