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Wenn die Crowd mitredet: Lessons Learned aus dem digitalen Ideenbewerb im Salzburger Freilichtmuseum

Das Salzburger Freilichtmuseum suchte im Frühjahr 2025 unter dem Motto Deine Ideen für unsere gemeinsame Zeit im Salzburger Freilichtmuseumüber einen digitalen Beteiligungsprozess innovative, umsetzbare Vorschläge zur Erweiterung des Angebots im Museum. Der Ideenbewerb lief von März bis Juni 2025 über die Open-Innovation-Plattform IdeaSpace und wurde zu 100 Prozent von der Europäischen Union und der FFG gefördert. Insgesamt gingen innerhalb von acht Wochen 114 Ideen ein, die von einer Jury bewertet wurden. Im nächsten Schritt folgt nun die Umsetzung einzelner Vorschläge. Dieser Artikel beschreibt den Ablauf und die wichtigsten Erfahrungen.
 

Crowd Sourcing als Methode

IdeaSpace ist eine Serviceplattform von EDIH Crowd in Motion und Teil einer digital gestützten Innovationsmanagementmethode. Crowdinnovation nutzt gezielt die Stärke vieler, um in Unternehmen und Organisationen Innovation voranzutreiben und Ideen gemeinsam umzusetzen. Kund:innen, Mitarbeiter:innen und Bürger:innen werden von der Ideenfindung über Geschäftsmodelle bis zur Finanzierung einbezogen. Die Crowd bringt vielfältige Perspektiven, Kreativität und Fachwissen ein, bewertet Vorschläge kollektiv und ermöglicht schnellere, kostengünstige und nutzerorientierte Ergebnisse. Im Unterschied zu einer Community, die langfristig mit einem Projekt verbunden ist, ist die Crowd eher eine lose, heterogene und kurzfristig mobilisierte Gruppe, die oft durch Anreize wie Preise oder Neugier an einer Sache motiviert wird. 
IdeaSpace zählt derzeit rund 2.300 User:innen und hat bisher 13 Wettbewerbe in Bereichen wie Regionalentwicklung, Kreislaufwirtschaft, Mobilität, Energie, Gesundheit, Tourismus und Bildung umgesetzt.
 

Von der Idee bis zur Prämierung  

Die Ideenkampagne lief von Ende März bis Mitte Mai 2025 und trug den Titel Deine Ideen für unsere gemeinsame Zeit im Salzburger Freilichtmuseum. Den Auftakt bildete ein Vorbereitungsworkshop Ende Jänner 2025, bei dem Ziele, Ablauf und Bewertungskriterien gemeinsam von IdeaSpace und Museum festgelegt wurden. Im März startete die Einreichphase. Um eine breite Beteiligung zu erreichen, wurde die Kampagne deutsch- und englischsprachig angelegt und über Flyer, Social Media und Kooperationen mit Schulen und Hochschulen bekanntgemacht. Insgesamt wurden 114 Ideen zu Themen wie Museumsangebote, Kommunikation oder Besucherservice eingereicht.
 
Um sicherzustellen, dass alle Ideen den Einreichkriterien entsprechen, wurde zunächst vom Museum eine Vorprüfung durchgeführt. Schließlich wurden 100 Projekte von einer 19-köpfigen Fachjury in zwei moderierten Runden nach Originalität, Umsetzbarkeit, Beitrag zur Digitalisierung und Nutzen für die Besucher:innen bewertet. In einem abschließenden Jurymeeting im Juni 2025 wurden fünf Gewinnerideen gekürt. Parallel dazu wählte die Community einen „Publikumspreis“. Begleitend kooperierte IdeaSpace mit Bildungseinrichtungen wie der FH Kufstein sowie der Tourismusschule und dem ITH Klessheim, wo Exkursionen und Gastvorlesungen im Museum zum Thema Crowdsourcing stattfanden.
 
Die ausgezeichneten Beiträge reichten von einem Streuobst-Erlebnisweg über ein Outdoor-Escape-Room-Format bis zu Projekten zur Bewahrung und digitalen Vermittlung von Handwerkstechniken, einem Citizen-Science-Projekt zu (Zeitzeugen-)Erinnerungen, Ideen für den Einsatz neuer Medien oder einem Maker-Space im Museum. Die Preisverleihung fand Anfang Juli 2025 online statt, begleitet von einem Fachgespräch zu Crowdsourcing und Crowdfunding sowie einem Networking-Teil. Einige Gewinner:innen präsentierten ihre Ideen live oder per Video. Als nächster Schritt ist eine Crowdfunding-Kampagne geplant, um ausgewählte Projekte gemeinsam mit der Museums-Community umzusetzen.
 

Erfahrungen aus dem Ideenbewerb

Die Kampagne brachte nicht nur kreative Vorschläge hervor, sondern zeigte auch, wie durch eine breite Beteiligung neue Ansätze für die Weiterentwicklung des Museums entstehen. Digitale Ideenkampagnen erfordern jedoch sorgfältige Planung. Unterstützung durch Expert:innen wie von IdeaSpace ist empfehlenswert: Sie bringen Know-how in Kampagnenführung ein und helfen, die Spannung über mehrere Monate hinweg zu halten. Kooperationen mit Universitäten und Fachhochschulen führten zu qualitativ hochwertigen Beiträgen. In der Juryphase war es hilfreich, dass seitens des Museums eine Vorauswahl getroffen wurde. Dies verkürzte den Juryprozess erheblich. Deutlich wurde auch: Einmalige Ausschreibungen in Newslettern, auf Websites oder auf Plakaten reichen nicht. Es braucht laufend Hinweise, Veranstaltungen und eine starke Kommunikationskampagne, um die Spannung über die mehrwöchige Laufzeit aufrechtzuerhalten.

Als besonders hilfreich erwies sich eine hybride Kommunikationsstrategie. Das Freilichtmuseum nutzte eigens gestaltete Visitenkarten, die an der Kassa verteilt und im Gelände ausgelegt wurden. Zusätzlich wurden über IdeaSpace 48 Social-Media-Postings produziert und geteilt. Ebenso wichtig ist Transparenz: Offenheit im Umgang mit Innovation stärkte Vertrauen und Interesse. Auch Museumsmitarbeiter:innen wurden aktiv eingebunden, was eine Kultur der Mitgestaltung förderte. Externe Stakeholder und anerkannte Persönlichkeiten in der Jury steigerten Glaubwürdigkeit und Reichweite der Kampagne, da sie als wertvolle Multiplikatoren wirkten. Und – je mehr Juror:innen, desto besser. Mit 19 Mitgliedern war die Jury breit aufgestellt. Ein weiterer Erfolgsfaktor war die vom Museum gestellte Moderation auf der Online-Plattform während des gesamten Prozesses. Sie stellte die Qualität und Dynamik sicher und stärkte digitale Kompetenzen im Museum.
Kann jedes Museum so etwas machen? Grundsätzlich ja. Entscheidend sind das Commitment der Museumsleitung, detaillierte Planung und mindestens ein bis zwei engagierte Mitstreiter:innen für Moderation und Kampagnenkommunikation.
 

Fazit: mehr als ein Wettbewerb 

Der Mehrwert zeigte sich nach innen wie nach außen. Intern entstanden neue Geschäftsfelder, es entwickelte sich ein stärkeres Bewusstsein für Ideen und Anliegen der Besucher:innen. Gleichzeitig erwarben die Beteiligten Wissen über die Führung von Kampagnen und Know-how in analoger und digitaler Zusammenarbeit. Der Ideenbewerb war zugleich für die Mitarbeiter:innen im Museum ein Lernfeld für Innovation. Schon die Benennung von Herausforderungen im Museum und die Formulierung der Fragestellungen für den Ideenbewerb erwies sich als erster Schritt zur Bewusstseinsbildung und Veränderung. Ein derartiger Prozess würde sich daher auch eignen, Transformationsschritte im Museum anzustoßen.
 
Nach außen aktivierte die Kampagne viele Menschen, steigerte die Bekanntheit und stärkte das Image des Museums als partizipative, zukunftsorientierte Institution. Es konnten neue Partner für die Umsetzung und weitere Ideen für die Finanzierung gewonnen werden. Davon profitieren nicht nur bisherige Gäste, sondern auch neue Zielgruppen. Das Museum öffnete sich der Crowd und gleichzeitig fand die Crowd den Weg ins Museum. 
 
Ein derartiger Ideenbewerb ermöglicht es einer breiten Öffentlichkeit, kulturelle Angebote aktiv mitzugestalten. Er fördert ein Gefühl von Teilhabe, stärkt emotionale Bindung und bringt einen Nutzen, der weit über die Generierung von Ideen und die Preisverleihung hinausgeht. Er unterstützt Netzwerke und eine nachhaltige Innovationskultur im und um das Museum.
 
Birgit Kolb von IdeaSpace formulierte es so: „Crowdsourcing bietet enorm viele Vorteile: stärkere Kundenbindung, das Erkennen von Bedürfnissen und Trends, höhere Akzeptanz von Ergebnissen, Perspektivenwechsel, Input von außen … die Liste ließe sich lange fortsetzen. Am wichtigsten ist die Einbeziehung der Kund:innen und der Aufbau eines (Expert:innen-)Netzwerks, das – wenn man es pflegt – stabil, belastbar und unendlich wertvoll ist.“

Credits und Zusatzinfos: 

Empfohlene Zitierweise
Peter Fritz: Wenn die Crowd mitredet: Lessons Learned aus dem digitalen Ideenbewerb im Salzburger Freilichtmuseum, in: neues museum 25/3, www.doi.org/10.58865/13.14/254/11
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