
Foto: Kura:Div
Museum für alle?
Wie inklusiv sind Österreichs Ausstellungen wirklich?
Von:
Public Opinion, Graz, Linz, Wien
Inklusion und Diversität sind längst in der Museumswelt angekommen. Doch wie gut gelingt es in der Praxis tatsächlich, ein diverses Publikum zu erreichen und inklusive Inhalte zu vermitteln? Eine aktuelle Studie des Projekts Kura:Div, durchgeführt vom Institut Public Opinion, liefert aufschlussreiche Einblicke.
Der Stand der Dinge: Offenheit ja – Strategie oft nein
Die Mehrheit der befragten Ausstellungsmacher:innen zeigt sich offen für Diversität. Themenvielfalt, multiperspektivisches Erzählen und spezielle Angebote für verschiedene Zielgruppen – von Kindern über Familien bis hin zu Menschen mit Behinderungen – stehen vielerorts auf der Agenda. Auch erste mehrsprachige Formate und demenzfreundliche Führungen sind im Kommen.
Nur rund ein Drittel der Museen verfügt aber über eine formalisierte Diversitätsstrategie. Die Umsetzung erfolgt oft situativ und hängt stark vom Engagement Einzelner ab. Knapp die Hälfte der teilnehmenden Museen hat weder definierte Richtlinien noch systematische Feedback- oder Evaluationsverfahren. Erfolgskontrollen basieren häufig auf einem Bauchgefühl statt auf Daten.
Barrierefreiheit: Zwischen Standard und Nachholbedarf
Während der physische Zugang für Rollstuhlfahrende in vielen Häusern gut umgesetzt ist, bestehen bei anderen Aspekten große Lücken. Inhalte in Leichter Sprache, barrierefreie digitale Formate oder interaktive Vermittlungsangebote sind nicht flächendeckend verfügbar. Besonders herausfordernd bleibt die Inklusion von Menschen mit Autismus, kognitiven Einschränkungen oder queeren Perspektiven. Sprachliche Vielfalt durch mehrsprachige Beschriftungen oder Audioguides ist vielerorts noch ausbaufähig.
Inklusion beginnt im Team – und in der Planung
Wer Diversität wirklich leben will, muss sie in allen Museumsbereichen verankern – von der Leitungsebene bis zur Vermittlung. Interdisziplinäre Zusammenarbeit, heterogene Teams, gezielte Schulungen und frühzeitige Einbindung von Communitys sind dabei entscheidend. Museen, die bereits inklusive Ausstellungen erfolgreich umsetzen, setzen auf Co-Kreation und flexible Kommunikationsformen.
Kooperationen: Punktuell vorhanden – selten tiefgehend
Viele Museen arbeiten mit externen Akteur:innen etwa bei Veranstaltungen oder Ausstellungen zusammen. Doch echte Co-Kuration bleibt die Ausnahme. Die inhaltliche Verantwortung liegt meist beim Museum, externe Stimmen werden punktuell eingebunden. Der Wunsch nach langfristigen Partnerschaften ist zwar vorhanden, doch häufig fehlen Ressourcen und institutionelle Rückendeckung.
Evaluation – eine offene Baustelle
Ein zentrales Ergebnis der Studie: Systematische Evaluation ist die Ausnahme. Nur die wenigsten Museen messen den Erfolg ihrer Diversitätsmaßnahmen strukturiert. Wo Feedback eingeholt wird, geschieht dies meist informell – etwa über Gespräche oder Gästebücher. Fundierte Daten fehlen.
Empfehlungen für eine inklusivere Praxis
- Diversität strategisch verankern: Leitlinien definieren, Ziele festlegen, Ressourcen sichern
- Mitarbeiter:innen qualifizieren: Schulungen und Austauschformate institutionalisieren
- Communitys einbinden: Dialog fördern, Co-Kuration ermöglichen
- Barrierefreiheit ganzheitlich denken: Mobilität, Sprache, Sinneswahrnehmung und kognitive Zugänge einbeziehen
- Erfolg systematisch messen: Feedbackprozesse aufbauen und kontinuierlich auswerten
Zukunftsausblick: Digitale Unterstützung durch Kura:Div
Ein digitales Planungstool, das im Rahmen des Projekts Kura:Div entwickelt wird, soll Museen künftig praxisnah bei der Umsetzung von Diversitätszielen unterstützen. Ziel ist es, Diversitätsaspekte systematisch und einfach in die Ausstellungspraxis zu integrieren.
Für österreichische Museen sind Diversität und Inklusion zentrale Zukunftsthemen. Viele kreative und mutige Ansätze zeigen Potenzial – doch der Weg zu einem inklusiven Museum braucht mehr: Struktur, Ressourcen, Mut zur Veränderung – und den Willen, neue Perspektiven aktiv einzuladen.
Alle Ergebnisse der Studie finden Sie am Ende der Webseite zum Download.
Credits und Zusatzinfos:
Das Projekt Kura:Div wird durch das Bundesministerium für Innovation, Mobilität und Infrastruktur (BMIMI) gefördert, abgewickelt durch die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft mbH (FFG).
FFG Projektnummer: FO999912987
Das Projekt Kura:Div wird durch das Bundesministerium für Innovation, Mobilität und Infrastruktur (BMIMI) gefördert, abgewickelt durch die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft mbH (FFG).
FFG Projektnummer: FO999912987