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Museen aus Sicht ihrer Besucher:innen
Ergebnisse für Deutschland aus einer europäischen Studie
Von:
Birgit Mandel (Institut für Kulturpolitik, Universität Hildesheim), Hildesheim
Die Studie, an der die Universitäten Antwerpen, Groningen, Hildesheim und weitere beteiligt waren, wurde durch Netzwerke wie NEMO Network for European Museums Organisations und den Deutschen Museumsbund unterstützt. Ziel war es, die Perspektive von Museumsbesucher:innen auf verschiedene Aspekte des Museumsbesuchs zu untersuchen. Die Datenerhebung erfolgte über einen Online-Fragebogen in sieben europäischen Ländern, darunter Deutschland und Österreich, mit 12.780 auswertbaren Fragebögen aus 60 Museen im Zeitraum von April bis September 2024.
Die Ergebnisse sind nicht repräsentativ für die Bevölkerung, geben aber wertvolle Einblicke in museumsaffine Gruppen.
Soziodemografische Merkmale
Die Mehrheit der Befragten war älter (61 % über 44 Jahre) und hochgebildet (89 % mit höherem Bildungsabschluss). Das Durchschnittsalter betrug 51 Jahre, deutlich älter als der Durchschnitt der deutschen Gesamtbevölkerung (44,6 Jahre). 85 % der Befragten wurden in Deutschland geboren, 90 % leben dort. Diese Merkmale verdeutlichen, dass die Befragung vor allem die hochgebildeten Stammbesucher:innen von Museen erreichte.
Besuchsmotive
Hauptmotive für den Museumsbesuch waren:
- Interesse an der Sammlung/Ausstellung (51 %)
- Gemeinsames Erlebnis (46 %)
- Neugier und Inspiration (43 %)
Besonders jüngere Besucher:innen (unter 26 Jahren) wollten etwas Neues lernen und erleben, während ältere Besucher:innen stärker an den Sammlungen interessiert waren. Soziale Motive waren bei Familien- und Gruppenausflügen besonders wichtig. Die Art des Museums beeinflusste ebenfalls die Besuchsmotive: Kunstmuseen wurden häufiger allein oder mit Partner:innen besucht, während wissenschaftliche oder geschichtliche Museen oft mit der Familie oder Schulklassen besucht wurden.
Der Besuch großer Museen wird vor allem durch städtetouristische Reisen motiviert, 26 % aller befragten Besucher:innen besuchten große, bekannte Museen im Rahmen einer Reise.
Der Besuch großer Museen wird vor allem durch städtetouristische Reisen motiviert, 26 % aller befragten Besucher:innen besuchten große, bekannte Museen im Rahmen einer Reise.
Barrieren und Informationsquellen
Hindernisse für frühere Besuche waren vor allem Zeitmangel (35 %) und mangelnde Informationen über das Museum (17 %). Nur wenige gaben an, Museen generell nicht zu mögen (4 %) oder sich unwohl zu fühlen (2 %). Als wichtigste Informationsquelle nannten die Befragten die Museumswebseite (61 %), gefolgt von sozialen Medien (14 %) und Empfehlungen durch Freunde (17 %). Auch traditionelle Kanäle wie Broschüren (12 %) und Zeitungen (12 %) spielten eine Rolle.
Besuchserfahrungen
Die Zufriedenheit mit dem Museumsbesuch war insgesamt sehr hoch (92 %).
Das Catering (Café, Restaurant o. ä.) nutzten 43 % der Besucher:innen, sogar 71 % besuchten den Museumsshop. Explizite Vermittlungsangebote wie Audioguides oder Workshops wurden weniger genutzt, erreichten aber hohe Zufriedenheitswerte.
Kleinere Museen bieten oft ein intimeres, sozialeres Erlebnis, während große Museen durch digitale Angebote wie Audioguides oder Apps punkten. Diese wurden jedoch insgesamt nur von wenigen genutzt.
Wirkung des Museumsbesuchs
Für die weit überwiegende Mehrheit der Befragten hat ein Museumsbesuch sowohl intellektuelle wie emotionale Wirkungen. Auf der einen Seite vermittle das Museum neues Wissen und erweitere den Horizont (89 %), motiviere etwas Neues zu entdecken (78 %), gebe Einblick in das Leben anderer Kulturen und Menschen, rege Phantasie an (78 %), inspiriere interessante Gespräche mit anderen (63 %) und kritisches Denken (59 %). Auf der anderen Seite ermögliche das Museum, für einen Moment den Alltag zu vergessen (78 %), es wecke positive Emotionen (76 %) und gebe ein Gefühl des Wohlbefindens (76 %) sowie neues Wissen und neue Perspektiven (89 %).
Museen wird eine hohe gesellschaftliche Bedeutung beigemessen (92 %), v. a. für die Region und die lokale Kulturpflege seien sie von hohem Wert.
Digitale Angebote und Erwartungen an das Museum der Zukunft
Nur 14 % sahen in digitalen Museumsbesuchen eine echte Alternative zum physischen Besuch. Die Mehrheit hielt sie jedoch für nützlich zur Vor- (75 %) oder Nachbereitung (67 %) eines Besuchs.
Das Museum der Zukunft ist aus Sicht der Besucher:innen interaktiv, immersiv und nachhaltig: interaktive Erlebnisse (44 %), immersive Erlebnisse (27 %), ein nachhaltiges, umweltfreundliches Museum (27 %), Förderung junger Künstler:innen (24 %) und ein frei zugänglicher Treffpunkt (24 %) werden am häufigsten als wünschenswert genannt.
Die Zukunftsvision umfasst einladende, inklusive Begegnungsorte, die auch soziale und ästhetische Erlebnisse bieten.
Diese Erwartungen stimmen mit der neuen ICOM-Museumsdefinition überein, die Museen als inklusiv, nachhaltig und gemeinschaftsfördernd definiert.
Vergleich mit Bevölkerungsbefragung
Eine ergänzende repräsentative Befragung des Deutschen Museumsbundes zeigte, dass etwa ein Drittel der deutschen Bevölkerung mindestens einmal jährlich ein Museum besucht. Die genannten Hauptmotive sind ähnlich, jedoch spielt „Unterhaltung“ hier eine stärkere Rolle. Als Haupthindernisse nannten Nicht-Besucher:innen mangelndes Interesse (28 %) und finanzielle Gründe (28 %). [1]
Museen haben in der Bevölkerung insgesamt ein positives Image, weit über den Kreis der regelmäßigen Besucher:innen hinaus und werden als „Orientierungspunkte in unruhigen Zeiten“ wahrgenommen: 82 % betrachten Museen als „Hüter des Erbes unserer Zivilisation“, 80 % halten Museen für „vertrauenswürdig und zuverlässig“.
Nur 27 % stimmen der Aussage zu, dass „Museen langweilig sind“, darunter aber signifikant mehr Jüngere der Altersgruppe 18 bis 34 Jahre.
Fazit
Museen werden sowohl von ihrem Stammpublikum als auch von der allgemeinen Bevölkerung als wichtige gesellschaftliche Institutionen wahrgenommen. Sie gelten als vertrauenswürdige Orte für Bildung, Inspiration und Erholung. Zugleich zeigen die Ergebnisse Handlungsbedarf in der Ansprache neuer Zielgruppen, der Vermittlung und der Nutzung digitaler Möglichkeiten.
Die Ergebnisse legen nahe, dass Museen verstärkt interaktive und soziale Erlebnisse bieten und ihre Rolle als einladende, inklusive Begegnungsorte ausbauen sollten.
Credits und Zusatzinfos:
Fußnote
[1] Deutscher Museumsbund (Hg.), L‘Oeil du Public, Kulturbesuche und Museumsbesuche in Deutschland, 2024
Anmerkungen
Gesamtergebnisse der Studie unter folgenden Links:
Empfohlene Zitierweise
Fußnote
[1] Deutscher Museumsbund (Hg.), L‘Oeil du Public, Kulturbesuche und Museumsbesuche in Deutschland, 2024
Anmerkungen
Gesamtergebnisse der Studie unter folgenden Links:
- Birgit Mandel, Museen aus Sicht ihrer Besucher*innen – Ergebnisse für Deutschland aus einer europäischen Studie, in: Kulturelle Bildung Online, 2024,
- Sentomus, First European Large-Scale Research on Audience Participation in museums. Report on European Data 2024
Empfohlene Zitierweise
Birgit Mandel: Museen aus Sicht ihrer Besucher:innen. Ergebnisse für Deutschland aus einer europäischen Studie, in: neues museum 25/1-2, www.doi.org/10.58865/13.14/2512/6.