Museum Villach, Juwel der Kultur- und Stadtgeschichte, © Museum Villach, Andreas Kuchler
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Mittendrin: Die Museumsstandorte Villachs als urbane Identitätslabore

Das Museum der Stadt Villach und seine Außenstellen – Stadtpfarrturm, Kärnten Relief und Schauraum Burg – formen gemeinsam ein offenes Netzwerk kultureller Vermittlung. Mit 33.161 Besucher:innen markieren die Museumsstandorte 2024 das besuchsstärkste Jahr in der Geschichte. Im historischen Zentrum Villachs gelegen, spiegeln sie auf einzigartige Weise das Gedächtnis, die Entwicklung und das Selbstverständnis der Stadt an der Drau. Interaktive Gestaltung, viele barrierefreie Zugänge und die Vielfalt der Themen machen das Museum zu einem Ort aktiver Stadtkultur in „Italiens nördlichster Stadt“.
 
Urbanes Gedächtnis in Bewegung 

Das 1873 von Carl Andreas Picco gegründete Stadtmuseum zählt zu den ältesten kommunalen Museen Österreichs. Seit 1960 in der Widmanngasse beheimatet, versteht es sich als „Gedächtnis der Stadt“, das sich nicht nur auf das Sammeln und Bewahren beschränkt, sondern aktiv Impulse in den Stadtraum sendet – inhaltlich, architektonisch und gesellschaftlich. Italienisches und insbesondere friulanisches Flair ist allgegenwärtig. Nicht umsonst heißt es, dass Villach nicht nur das Tor zum Süden sei, sondern „Italiens nördlichste Stadt“.
 
Der Hof als Schwellenraum

Ein charmanter Innenhof empfängt Besucher:innen und bietet nicht nur Ruhe vom urbanen Trubel. Mit Pavillon, Römersteinen und historischen Pflasterungen inszeniert sich der Ort als Schwellenraum zwischen Museum und Stadt – ein bewusst erlebbarer Übergang vom öffentlichen Raum ins historische Narrativ. Stadtführungen der Austria Guides führen kostenfrei direkt durch den Museumsinnenhof zur historischen Stadtmauer.
 
Architektur als Trägerin von Stadtgeschichte

Das Museum befindet sich in einem mehr als 400 Jahre alten Palais, dessen Bausubstanz selbst stadtgeschichtliche Aussagekraft besitzt. Regionale historische Materialien – wie Marmor aus dem naheliegenden Krastal oder das Katzenkopfsteinpflaster mit Steinen aus der Drau – formen ein architektonisches Erbe, das nicht nur ästhetisch wirkt, sondern kontextualisiert: Baukunst wird hier selbst zum Exponat.
 
Museum auf der Stadtmauer

Im angrenzenden Garten berührt das Museum physisch die Stadtgeschichte: Der letzte erhaltene Stadtmauerrest Villachs bildet das Fundament für das erst 2022 eröffnete und kostenlos zugängliche Freilichtmuseum „Grünes Eck“, das die historische Befestigung sichtbar und erfahrbar macht. Die Stadt selbst wird zur musealen Kulisse. 
 
Kuratierte Zeitreise
 
Die Hauptausstellung Schausammlung PLUS verbindet auf insgesamt 850 Quadratmetern lokale mit überregionaler Geschichte. Archäologische Objekte aus sechs Jahrtausenden, römische Münzen, mittelalterliche Grabbeigaben und kunsthistorisch bedeutende Werke schaffen ein facettenreiches Stadtbild durch die Zeiten. Die Schau widmet sich auch Villacher Persönlichkeiten – unter anderem dem Arzt und Alchemisten Paracelsus, dem mittelalterlichen Maler Thomas von Villach oder der reichen und geschickten Geschäftsfrau Anna Neumann von Wasserleonburg.
 
Bildräume der Region
 
Ein Schwerpunkt liegt auf der regionalen Malerei des 19. Jahrhunderts. Porträts und Landschaftsbilder – unter anderem von Johann Bartl sowie Josef und Ludwig Willroider – illustrieren historische Identitätsentwürfe Villachs. Kunst des 20. Jahrhunderts von Arnold Clementschitsch und Rudolf Canaval ergänzt diese Perspektiven. Die interaktive Station „Digital trifft Original“ fördert den niedrigschwelligen Zugang zur Landschaftsmalerei, insbesondere für Kinder.
 
Stadtgeschichte mit Gegenwartsbezug
 
Im Gedenkjahr 2025 zeigt das Museum die zweisprachige Sonderausstellung Wie Kriege enden / How wars end. Sie beleuchtet sechs Konflikte – von Napoleon bis zur Ukraine – und eröffnet globale Bezüge zur lokalen Geschichte. Der Stadtraum wird dabei als Spiegel geopolitischer Entwicklungen sichtbar gemacht. Zahlreiche Zeitzeug:innen – wie Yuliana Seiss aus der ostukrainischen Stadt Donezk, die 2022 als alleinerziehende Mutter vor russischen Bomben flüchtet – erzählen Kriegserlebnisse.
 
Denkangebote für Frieden
 
Mit dem neuen Friedenslabor / Peace Lab etabliert das Museum einen Bildungsraum für Demokratieförderung, gewaltfreie Kommunikation und Friedenspädagogik. Die Vermittlung erfolgt barrierefrei, mehrsprachig und multimedial – ein klares Signal für gesellschaftliche Teilhabe im öffentlichen Raum.
 
Zwischen Bamberg und Villach
 
Ein bedeutsamer Sammlungsschwerpunkt widmet sich der Periode 1007 bis 1759, als Villach Teil des Hochstifts Bamberg ist. Urkunden und Rechtsdenkmäler verdeutlichen die städtische Verbindung zu überregionalen Machtstrukturen. In der naturwissenschaftlichen Sammlung, darunter ein vielfältiges Herbar aus dem 19. Jahrhundert, sind über 5.000 Mineralien inventarisiert. 
 
Stadtpfarrturm als vertikales Museum

Der Stadtpfarrturm von St. Jakob, mit 94 Metern Kärntens höchster Kirchturm, ist als begehbares Denkmal Teil des Museumsnetzwerks. Über 239 Stufen gelangen Besucher:innen zur Aussichtsplattform. Historische Ausstellungen, etwa zum Jakobsweg oder Villacher Turmfalken, verknüpfen Stadtraum mit Themenvielfalt.
 
Kärnten Relief – Topografie als Erzählform

Das 1913 eröffnete Kärnten Relief im Schillerpark gilt als größtes Landschaftsmodell Europas. Moderne Projektionstechnik macht es zu einem multisensorischen Erlebnis. Täler, Flüsse und Gebirge erwachen im Maßstab 1:10.000 zum Leben – ein anschauliches Beispiel dafür, wie Raumwissen öffentlich und spielerisch zugänglich wird.
 
Schauraum Burg: Stadtarchäologie hautnah

Im Schauraum der Bamberger Burg nahe der Drau werden archäologische Funde aus einem Jahrtausend städtischer Entwicklung gezeigt. Die baugeschichtliche Erforschung des Gebäudes, dessen Ursprünge bis ins 11. Jahrhundert reichen, bringt eine weitere Dimension stadtgeschichtlicher Horizonte zum Vorschein – ein guter Rückzugsort, an dem frühere Zeiten nicht überdeckt, sondern sichtbar bleiben.

Geplante Generalsanierung

Das Museum der Stadt Villach setzt 2024 einen entscheidenden Schritt in Richtung Zukunft: Die Planungen sowie eine bauliche Machbarkeitsanalyse für eine umfassende Generalsanierung werden initiiert. Zentrales Ziel der Maßnahme ist die Umstellung von einer saisonalen auf eine ganzjährige Öffnung.

Credits und Zusatzinfos: 


Empfohlene Zitierweise
Andreas Kuchler: Mittendrin: Die Museumsstandorte Villachs als urbane Identitätslabore, in: neues museum 25/3, www.doi.org/10.58865/13.14/253/3.
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