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Hier wird an Demokratie gearbeitet!
Das Museum Arbeitswelt als Ort der Demokratiebildung

Seit seiner Eröffnung im Jahr 1987 versteht sich das vom Verein Museum Arbeitswelt getragene gleichnamige Museum in Steyr als Ort der Demokratiebildung und politischen Bildung. Entstanden aus der „Grabe-Wo-Du-Stehst“-Bewegung und den Geschichtswerkstätten der 1970er- und 1980er-Jahre, waren demokratische Beteiligungsformen und die Begeisterung der Besucher:innen dafür von Anfang an zentrale Anliegen. 2009 wurde mit der Politikwerkstatt ein eigener Lernort für politische Bildung geschaffen. Dieser Schwerpunkt wurde auch in der Begründung zum Österreichischen Museumspreis 2019 gewürdigt, als das Museum Arbeitswelt als „(politischer) Ort des öffentlichen Diskurses“ bezeichnet wurde.
 

Die Politikwerkstatt 

Das Herzstück der politischen Bildungsarbeit im Museum Arbeitswelt ist die Politikwerkstatt [1]. Der einzigartige Lern- und Begegnungsort macht Demokratie als gestaltbare Lebens- und Gesellschaftsform spürbar. Angesprochen werden Menschen aller Altersgruppen – von der Primarstufe bis ins Erwachsenenalter, wobei Schüler:innen der Primarstufen 1 und 2 die häufigsten Gäste sind. Für alle gilt dasselbe Ziel: demokratische Prinzipien erforschen, politische Kompetenzen entwickeln und die Bereitschaft zur demokratischen Partizipation stärken.
 
Der Raum selbst ist eine Metapher für Demokratie. Das Fundament bilden die Menschen in ihrer Vielfalt und Aktivität. Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Sicherheit sind die leitenden Prinzipien – gleichwertig, aber teils widersprüchlich und zugleich Versprechen, die nur eine Demokratie ihren Bürger:innen geben kann. Sie spiegeln individuelle Bedürfnisse wider, deren Aushandlung den Kern demokratischer Prozesses bildet.
 
Auch die Gestaltung trägt diese Botschaft: bunt wie die Gesellschaft, gestaltbar wie Demokratie, transparent und inklusiv, historisch verwurzelt und zugleich flexibel für unterschiedlichste Formate. Ein Baustahlgitter symbolisiert das gemeinsame Arbeiten an Demokratie, Glasflächen stehen für Transparenz, historische Mauern erinnern an die Wurzeln des gesellschaftlichen Engagements.
 
Neben pädagogischen Programmen für Kinder und Jugendliche ist die Auseinandersetzung mit gesellschaftspolitischen Themen auch wesentlicher Orientierungspunkt für die Konzeption von Veranstaltungen für Erwachsene. Das Haus und seine unmittelbare Umgebung verstehen sich als Forum gesellschaftlicher Auseinandersetzung. Jährlich entsteht ein vielseitiges Programm zu aktuellen Themen, mit Gästen wie Hartmut Rosa, Günther Wallraff, Marlene Engelhorn, Oskar Negt, Barbara Coudenhove-Kalergi und vielen weiteren.
 

Stollen der Erinnerung

Die Aufarbeitung der beiden Diktaturen auf österreichischem Boden im 20. Jahrhundert hat im Museum immer wieder einen wichtigen Platz. Der Standort Steyr bietet dazu viele Anknüpfungspunkte: 1934 war er einer der Hauptorte der Februarkämpfe, und während der NS-Zeit spielte Steyr eine zentrale Rolle in der Rüstungsindustrie durch massiven Einsatz von KZ-Häftlingen und Zwangsarbeiter:innen.
 
Seit 2013 gibt es hierfür einen eigenen Lern- und Erinnerungsort: den Stollen der Erinnerung [2], der vom Mauthausen Komitee Steyr konzipiert wurde und vom Museum Arbeitswelt seither pädagogisch betreut wird. Die Ausstellung befindet sich in einem von KZ-Häftlingen errichteten Luftschutzbunker am Zusammenfluss von Enns und Steyr in der Nähe des Museums. Sie zeigt das Zusammenspiel von Rüstungsindustrie, Angriffskrieg und dem auf rassistischen Grundsätzen basierenden System der NS-Zwangsarbeit.
 
Besonders ist, dass die dort behandelten Themen nicht isoliert betrachtet werden, sondern mit anderen Angeboten des Museums – etwa der Politikwerkstatt – verknüpft werden. So entsteht ein ganzheitlicher Lernansatz, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander verbindet.
 

In wechselnden Ausstellungen

Demokratievermittlung und politische Bildung ziehen sich wie ein roter Faden durch das gesamte Programm. Von Beginn an war das Museum nicht nur Präsentations-, sondern auch Reflexions- und Handlungsort.
 
In Ausstellungen wie Future Food – Essen für die Welt von morgen (2023/2024), Aufsässiges Land – Streik, Protest und Eigensinn (2024) und Energiewende – Time to act (2025/2026) wird dies besonders deutlich. Alle Präsentationen sind um interaktive Elemente erweitert, die Besucher:innen aktiv einbeziehen.
 
So entstand etwa in Aufsässiges Land durch Post-it-Antworten auf gesellschaftspolitische Fragen ein lebendiger, offener Diskursraum. Auch in Future Food und Energiewende geht es nicht nur um Information, sondern auch um politische Rahmenbedingungen, persönliche Handlungsmöglichkeiten und strukturelle Grenzen. Kontroverse Themen werden bewusst prominent platziert – sei es das Windrad als Leitobjekt in Energiewende oder der überdimensionierte Supermarktparkplatz am Ende von Future Food<.
 
Ein neues Highlight ist das 2025 eröffnete Labour Lab – Spielraum für gerechte Arbeit. Mit Virtual Reality und Gamification tauchen Besucher:innen in die Arbeitswelt des 19. Jahrhunderts ein – vom Kampf um bessere Arbeitsbedingungen bis zur Entstehung der Gewerkschaften. Gleichzeitig schlägt das Labour Lab den Bogen in die Zukunft und fragt, wie Digitalisierung und sozial-ökologischer Wandel die Arbeitswelt verändern. Politische Mitbestimmung bleibt dabei eine zentrale, epochenübergreifende Forderung.
 

Zukunft

Dem Museum Arbeitswelt – wie auch vielen anderen Museen in Österreich – ist es ein zentrales Anliegen, die Zukunft als gestaltbar zu zeigen: am besten in einem gemeinsamen, demokratischen Prozess. Diese Arbeit wird das Museum fortsetzen, ab 2026 auch im neu eröffneten Lernort Synagoge in Steyr.
 
In der einzigen Synagoge Oberösterreichs, die die NS-Zeit baulich überstanden hat, entsteht ein Lernort über jüdisches Leben und ein weiterer Ort der Demokratiebildung. Im Mittelpunkt stehen Fragen des Zusammenlebens, des Minderheitenschutzes, des Umgangs mit Antisemitismus und des Zugehörigkeitsgefühls in einer pluralen Gesellschaft. Vergangenheit und Demokratie sind niemals vollendet – beide verlangen unsere fortwährende Arbeit und umfassendes Engagement. Diese Einsicht motiviert das Museum Arbeitswelt, auch in Zukunft ein politischer Ort des öffentlichen Diskurses zu bleiben.

Credits und Zusatzinfos: 

Anmerkungen

[1] Mehr zur Politikwerkstatt siehe hier: Verein Museum Arbeitswelt, „Hier wird an Demokratie gearbeitet!“ – Pädagogisches Konzept der Politikwerkstatt, 2021, kostenfreier Download: museumarbeitswelt.at/politikwerkstatt/ (22.08.2025).
 
[2] Mehr zum Stollen der Erinnerung siehe hier: Martin Hagmayr, „Gedenken abseits des „authentischen“ Orts“, in: Museumsbund Österreich (Hg.), neues museum 20/3, 2020, S. 34–39; sowie Martin Hagmayr, Robert Hummer, „Erinnern heißt auseinandersetzen. Historisches Lernen rund um den „Stollen der Erinnerung“ in Steyr“, in: Helga Embacher u. a. (Hg.), Eine Spurensuche. KZ-Außenlager in Salzburg und Oberösterreich als Lernorte, Frankfurt am Main 2019,  S. 117–136.

Fotos:
(1)  Bei schönem Wetter finden Kultur- und Diskussionsveranstaltungen auch im CulturContainer vor dem Museum Arbeitswelt statt, Foto: Museum Arbeitswelt, Fotografin: Julia Ludwig  
(2) 2021 wurde die Politikwerkstatt räumlich und inhaltlich neugestaltet, Foto: Museum Arbeitswelt, Fotografin: Julia Ludwig  
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