Grün von innen, grün nach außen
Nachhaltigkeit als Kulturpraxis im Museum
Von:
Sabine Fauland (Museumsbund Österreich), Online
Am 4. November 2025 stellte Angelika Kronreif im Rahmen der ARGE Nachhaltiges Museum ihren Leitfaden zur internen Nachhaltigkeitskommunikation vor. Unter dem Titel „Grün nach außen, grün von innen“ beleuchtete sie die Herausforderungen, vor denen Museen stehen, wenn sie glaubwürdig nachhaltig agieren wollen – nicht nur im Auftritt, sondern auch in der eigenen Organisationskultur.
Vom Umweltzeichen zur inneren Haltung
Angelika Kronreif, die an der FH Joanneum Graz eine Zusatzausbildung in Nachhaltigkeitskommunikation absolvierte, führte aus, dass viele Häuser inzwischen sichtbare Fortschritte gemacht haben: Umweltzeichen, CO₂-Bilanzen, Green Teams und Klimarechner gehören zunehmend zum Standard. Doch echte Nachhaltigkeit beginne im Inneren der Institutionen – bei den Menschen, Prozessen und der Haltung.
Ihre Analyse und der daraus entwickelte Leitfaden zeigen, dass nachhaltige Entwicklung mehr bedeutet als technische Maßnahmen. Es geht um Bewusstseinsbildung, Beteiligung und Kommunikation: „Nur wenn wir intern glaubwürdig grün sind, können wir es auch nach außen sein.“
Drei große Herausforderungen
Anhand ihrer Forschung und praktischen Erfahrung skizzierte Kronreif drei „große Brocken“, über die Museen noch zu wenig sprechen:
- Besucher:innenmobilität – die Anreise des Publikums ist oft der größte CO₂-Faktor, wird aber in vielen Bilanzen nicht ausreichend berücksichtigt.
- Transport von Kunstwerken – internationale Leihgaben verursachen hohe Emissionen, besonders durch Luftfracht.
- Sponsoring und Finanzierung – Förderpartnerschaften mit fossilen Unternehmen widersprechen der Glaubwürdigkeit eines „grünen Museums“.
Kommunikation als Transformationsmotor
Der vorgestellte Leitfaden beschreibt praxisnah, wie interne Kommunikation zur Triebkraft für nachhaltige Veränderung werden kann. Ausgangspunkt ist das klare Commitment der Leitung, gefolgt von Strukturen wie Nachhaltigkeitsbeauftragten und bereichsübergreifenden Green Teams. Wichtig sei, alle Mitarbeitenden einzubeziehen, Information und Wertschätzung zu verbinden und analoge Begegnungsräume zu schaffen – von Klima-Stammtischen bis zu Exkursionen in andere Institutionen.
Angelika Kronreif betont: „Nachhaltigkeit darf keine Zusatzaufgabe sein, sondern Teil der täglichen Arbeit.“ Das Ziel sollte sein, den ökologischen „Handabdruck“ zu vergrößern – also die positiven Wirkungen gemeinsamen Handelns sichtbar zu machen. Der Leitfaden ist nicht als starres Regelwerk gedacht, sondern als Work in progress. Er kann an die Größe und Ressourcen jedes Museums angepasst werden – vom kleinen Regionalmuseum bis zur großen Bundesinstitution.
Ziel ist, nachhaltige Praxis als Teil der Museumsidentität zu etablieren: etwas, das täglich gelebt, diskutiert und weiterentwickelt wird.
Ziel ist, nachhaltige Praxis als Teil der Museumsidentität zu etablieren: etwas, das täglich gelebt, diskutiert und weiterentwickelt wird.
Methodik und Entstehung
Angelika Kronreif entwickelte den Leitfaden auf Basis von eigener Museumserfahrung, Fachwissen aus der Nachhaltigkeitskommunikation und Interviews mit Kolleg:innen aus unterschiedlichen Museen.
Diese Gespräche halfen, reale Bedürfnisse, Hindernisse und Erfolgsfaktoren zu identifizieren – also eine praktische, anwendbare Anleitung statt eines theoretischen Konzepts zu schreiben.
Grundprinzipien
Drei übergeordnete Werte bilden den Kern des Leitfadens:
- Commitment und Wertschätzung
Nachhaltigkeit darf kein Zusatzprojekt sein, sondern muss Teil der Arbeitszeit und der Organisationskultur sein: „Ich will, dass du mitmachst – aber dafür darfst du dir die Zeit nehmen.“ - Analoge Kommunikation
Nachhaltigkeit wird durch Dialog gelebt – persönliche Treffen, Stammtische und Workshops wirken stärker als reine E-Mails oder Intranet-Posts. - Sichtbarkeit und Transparenz
Informationen über CO₂-Bilanzen, nachhaltige Beschaffung oder Energieverbrauch müssen leicht zugänglich sein. Nur wer versteht, wo der größte Hebel liegt, kann mitwirken.
Der Leitfaden gliedert sich in mehrere praxisorientierte Abschnitte, die sich an der Entwicklung eines Museums entlanghangeln – von der Entscheidung bis zur Verstetigung.
1. Grundvoraussetzungen
- Ein klares Commitment der Geschäftsführung ist unerlässlich.
- Nachhaltigkeit muss strategisch gewollt und budgetiert sein.
- Ein offizielles Statement oder eine Präambel ist empfehlenswert.
2. Organisation und Struktur
- Einrichtung einer zentralen Nachhaltigkeitsbeauftragten oder eines Kernteams.
- Aufbau eines Green Teams mit Vertreter:innen aller Abteilungen.
- Regelmäßige Treffen, um Informationen beidseitig auszutauschen (Top-down & Bottom-up).
- Aus den Diskussionen sollen Guidelines und Zielvereinbarungen entstehen.
3. Der Start – Die „Reise ins Grüne“
- Auftaktveranstaltung wie ein „Klimatag“ oder gemeinsames Frühstück, um das Vorhaben vorzustellen.
- Abteilungsspezifische Workshops, ggf. mit externen Expert:innen.
- Erstellung eines Fahrplans für drei Jahre mit klaren, überprüfbaren Zielen.
- Transparente Evaluation der Fortschritte.
4. Nachhaltigkeit im Arbeitsalltag verankern
- Regelmäßige Aktivitäten (z. B. jährlicher Klimatag, Klima-Stammtisch, Exkursionen).
- Nutzung bestehender Kommunikationskanäle (Intranet, Newsletter, analoge Tafeln).
- Kleine, motivierende Impulse (z. B. Videos oder Tipps zu nachhaltigem Verhalten).
- Praktische Anreize: Unterstützung beim Klimaticket, Radabstellplätze, vegetarische Angebote in Kantinen.
5. Vernetzung
- Innerhalb des Hauses: Austausch zwischen Abteilungen, Einbindung des Betriebsrats.
- Außerhalb des Hauses: Kooperation mit anderen Museen, Kulturinstitutionen und Netzwerken.
- Ziel: voneinander lernen statt alles neu erfinden.
6. Ziele des Leitfadens
- Den ökologischen Handabdruck vergrößern (positive Wirkung statt nur Reduktion von Schäden).
- Mitarbeiter:innen befähigen, selbst aktiv zu werden.
- Nachhaltigkeit als gemeinsamen Lernprozess verstehen.
- Kritisches Denken fördern: „Nachhaltigkeit immer mitdenken – nicht nachhaltiges Verhalten hinterfragen.“
Im anschließenden Austausch zeigte sich deutlich, wie vielfältig Museen das Thema Nachhaltigkeit bereits angehen. Viele Häuser verankern ökologische und soziale Verantwortung fest in ihren internen Abläufen – etwa durch regelmäßige Besprechungen, gemeinsame Nachhaltigkeitstage oder die Einrichtung übergreifender Arbeitsgruppen. Andere entwickeln Schulungsformate, interne Kommunikationsplattformen oder Leitlinien für nachhaltige Beschaffung.
Trotz unterschiedlicher Strukturen und Ressourcen eint alle die Erkenntnis: Kommunikation ist der Schlüssel – transparent, motivierend und kontinuierlich. Nur wenn Informationen geteilt, Ideen ernst genommen und Erfolge sichtbar gemacht werden, kann eine Organisation wirklich „von innen grün“ werden.
Die Diskussion machte zudem deutlich, dass Nachhaltigkeit kein abgeschlossenes Projekt ist, sondern ein fortlaufender Lernprozess. Sie beginnt im Kleinen – in alltäglichen Entscheidungen, im respektvollen Umgang miteinander, in der Bereitschaft, Gewohntes zu hinterfragen.
Mit ihrem Leitfaden bietet Angelika Kronreif Museen und Kulturinstitutionen ein Werkzeug, um diesen Weg strukturiert und partizipativ zu gestalten. Das Dokument wird in Kürze über die ARGE Nachhaltiges Museum verfügbar sein und lädt alle Häuser ein, den Schritt vom Umweltzeichen zur gelebten Kultur der Nachhaltigkeit gemeinsam zu gehen.










