Es gibt eigentlich nichts, was ich nicht mache!
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Gerhard Emmersdorfer oder wie man im Museum unersetzlich wird
Von: Philipp Odelga (Universität Graz), Graz

Um seine tägliche Arbeit würde Gerhard Emmersdorfer manch einer beneiden. Er sitzt entspannt am Schreibtisch und hat einen Stoß Zeitungen vor sich liegen: die „Murtaler Zeitung“, die „Obersteirischen Nachrichten“, die „Woche“ und andere Regionalzeitungen. Die Kleine Zeitung bedeutet da schon einen Hauch von weiter Welt. Aber die interessiert ihn jetzt gar nicht, er sucht vielmehr Artikel aus den Themenbereichen, zu denen im Stadtmuseum Judenburg gesammelt wird und die im weitesten Sinn einen Bezug zur Stadt haben. Also klassische Pressebeobachtung und auch ein Stück Sammlungstätigkeit.

Die Ergebnisse dieser Arbeit sind um ihn versammelt: Über 400 Schuber mit Schriftquellen ab dem 17. Jahrhundert aufwärts umfasst das Schriftenarchiv des Stadtmuseums Judenburg.

Das vielfältige Quellenmaterial zu Personen, Parteien & Vereinen, Orten & Plätzen, Gebäuden, Denkmälern und Bauwerken, Historischen Ereignissen und Epochen ist Ergebnis von 70 Jahren Sammlungstätigkeit des Stadtmuseums.

Seit acht oder neun Jahren ist auch Gerhard Emmersdorfer dabei, mit einer Arbeitszeit von 14 Stunden in der Woche ist er einer der fleißigsten „Ehrenamtler“ hier im Haus.

Irgendwann hat es angefangen zu wirken

Wie ist es dazu gekommen? „Das ist kompliziert“, fängt er an, eigentlich habe er Geschichte immer gehasst, wegen der Jahreszahlen, in der Hinsicht habe er die Schule blöd gefunden. Sein Interesse für „die Geschichte“ wurde erst 1980 geweckt. Der damalige Direktor des Museums, Johann Andritsch hat einen Vortrag zur Geschichte der Eisenerzeugung in den umliegenden Seetaler Alpen gehalten.
Ein Thema, das Gerhard Emmersdorfer als gelernten Schmied und Bergfex schon immer interessiert hat. „Das war ganz ohne Jahreszahlen und da habe ich gemerkt, dass man Geschichte auch anders erzählen und verständlich machen kann. Irgendwann hat das dann angefangen zu wirken.“ Danach habe er selbst angefangen, zur Geschichte der Menschen und der Berge hier zu forschen und Material dazu zusammenzutragen.

1992 hat er im Stadtmuseum einen Landeskundekurs absolviert und 1998 schließlich endgültig den Schritt ins Museumsfach getan: Für eine Ausstellung im Stadtturm, dem Wahrzeichen der Stadt, hat er die Geschichte des Truppenübungsplatzes in den Seetaler Alpen erarbeitet und den entsprechenden Ausstellungsbereich gestaltet. Dazu musste er echte Grundlagenforschung leisten: „Die Recherche war eine Mordsarbeit. Es hat eigentlich nichts gegeben. Ich bin ins Landesarchiv gefahren, habe alte Pläne und Bilder gesichtet und bin so nach und nach immer tiefer in das Thema hineingekommen.“

Allrounder und Spezialist

Mittlerweile ist er zum Spezialisten für die Geschichte der Seetaler Alpen und ihrer Funktion als Kulturraum für die Menschen der Region geworden und hat mehrere Beiträge in den Schriftenreihen des Stadtmuseums veröffentlicht.
Aber das ist noch nicht alles. „Es gibt eigentlich nichts, was er nicht macht“, wirft Isolde Fluch, die Sekretärin des Museums, während unseres Gesprächs ein. Gerhard Emmersdorfer inventarisiert Objekte für die Sammlungen, erfasst und betreut das Schriftenarchiv, führt Besucher durch die Schausammlung, veranstaltet Filmvorführungen und Vorträge, bearbeitet Nachlässe.
„Er hat auch den kompletten Fotobestand gereinigt, die Negative angeschaut und dabei tausende Motive bestimmen können“, unterstreicht Isolde Fluch die Bedeutung die Gerhard Emmersdorfer für die Museumsarbeit hier hat.

Museumswürdig

Bei so vielfältigen Aufgaben und Talenten ist es kein Wunder, dass der Rundgang durch die Schausammlung etwas länger ausfällt. Am besten gefällt Gerhard Emmersdorfer der Bereich zur Geschichte des Handwerks und natürlich alles, was mit Eisenerzeugung zu tun hat. Routiniert zeigt er mir die großen Webstühle, erklärt die Funktionsweise, erzählt von den Menschen, die sie benutzt haben, zieht Querverbindungen zu anderen Handwerksberufen.

Wir betrachten ein Podest, auf dem die Erzeugungsschritte einer Schaufel vom Rohling bis zum fertigen Werkzeug gezeigt werden, und es ergibt sich ein interessantes Gespräch über Objekte und ihre Möglichkeiten: „Mir ist eigentlich erst bei der Arbeit im Museum klar geworden, dass diese Dinge mehr sein können als eben nur das Werkzeug“, meint er. „Man kann ja damit viel mehr erzählen.“ In einem Nebensatz erwähnt er, dass er sich das dann auch von seinem eigenen Gesellenstück aus der Schmiedelehre gedacht und es deswegen ins Museum gebracht hat. Der Karton wird natürlich sofort aus dem Depot geholt, die beiden Werkstücke, eine Zange und eine Kumetbreze (= Pferdegeschirr) mit Haken, dazu die Konstruktionszeichnungen des jungen Gerhard, werden präsentiert. „Die Zange war das Pflichtstück, das musste jeder machen“ erzählt er und auch gleich, wie sich die Hufeisen während seiner Lehr- und Arbeitsjahre verändert haben. So war das früher. Ob er jetzt museumswürdig sei? Er lacht: „Irgendwann ist das jeder!“

Credits und Zusatzinfos: 
Foto: Philipp Odelga
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