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Eine Frage der Haltung: Eigenverantwortung und Re-Organisation im Museum
Von:
Peter Fritz (Direktor, Salzburger Freilichtmuseum), Andreas Geis (Leiter Förderung, Winterthur (CH)), Großgmain
Digitalisieren! Innovieren! Reorganisieren! Museen sind heute von außen einem hohen Innovationsdruck ausgesetzt. Museen sind für vieles und fast alles zuständig, möchte man meinen, wenn man brancheninterne Appelle verfolgt.
Auch von innen ändern sich die Ansprüche: Mitarbeitende erwarten zeitgemäße Anstellungsbedingungen wie in der Wirtschaft. Kreativität, Innovation und Mut werden gefordert, der selbstgewählte Anspruch ist sehr ambitioniert. Dabei verstehen die einen Museum als forschende Einrichtung, andere wollen ihre Arbeit an sozialen Wirkungen orientieren, Partizipation ermöglichen und politisch sein.
Welche Rolle die kanonischen Aufgaben Bewahren, Erforschen, Vermitteln im Wechsel vom 20. in das 21. Jahrhundert spielen und was sie bedeuten, ist unklar. Zugleich werden in einem richtigen und wichtigen Prozess die Aufgaben weiter aufgefächert. Nicht nur das was wird erweitert, auch die Art und Weise, wie gearbeitet werden soll, wird diskutiert.
Viele Museen sind dabei von ihren inhaltlichen und organisatorischen Ansätzen im 19. Jahrhundert verankert, mit strengen Hierarchien, engen inhaltlichen Rahmen und tradierten Aufgaben. Die Finanzmittel sind knapp.
Wie gehen die Häuser mit diesen Ansprüchen um? Es wird etwas getan – aber die Museumskonzepte werden nicht strategisch hinterfragt, sondern nur in neuen Kleidern verpackt. Schaut man genauer hin, dann lösen nur wenige Museen ein, was sie propagieren.
Strategische Koordination oder Kooperation untereinander? Meistens Fehlanzeige!
Tatsächlich geht es um wenig, der Betrieb wird weiterhin finanziert, unabhängig von diesen Ansprüchen.
Strategische Koordination oder Kooperation untereinander? Meistens Fehlanzeige!
Tatsächlich geht es um wenig, der Betrieb wird weiterhin finanziert, unabhängig von diesen Ansprüchen.
Chancen durch Re-Organisation
Was nun? In dieser Überforderung und dem Anspruch nach Neuausrichtung liegt auch eine Chance: die der Fokussierung, der Spezialisierung. Dies könnten insbesondere kleine und mittlere, lokal und regional ausgerichtete Museen gut aufgreifen – nach dem Motto: So wie in unserem Museum ist es nur hier.
Die umfassende Geschichtserzählung schaffen die überregionalen, großen Häuser weit besser: Sonderbudgets, beeindruckende Exponate aus eigenen Beständen oder internationale Leihgaben, zeitliche und personelle Ressourcen und externe Gestaltungsbüros, begleitet von Inszenierungen, die emotionale Storys hautnah zeigen.
Aber die Bedeutung der Geschichten zu vermitteln, die sie für die Menschen vor Ort haben, die Brücke vom Museum ins Umfeld zu schlagen, das könnten und können lokal verankerte Museen oft weit besser. Sie entstehen in Zusammenarbeit mit den Communities vor Ort, die Museumsmenschen sind oft Teil dieser Gemeinschaften. Hier fesseln dann die Geschichten, nicht die Szenographie.
Die umfassende Geschichtserzählung schaffen die überregionalen, großen Häuser weit besser: Sonderbudgets, beeindruckende Exponate aus eigenen Beständen oder internationale Leihgaben, zeitliche und personelle Ressourcen und externe Gestaltungsbüros, begleitet von Inszenierungen, die emotionale Storys hautnah zeigen.
Aber die Bedeutung der Geschichten zu vermitteln, die sie für die Menschen vor Ort haben, die Brücke vom Museum ins Umfeld zu schlagen, das könnten und können lokal verankerte Museen oft weit besser. Sie entstehen in Zusammenarbeit mit den Communities vor Ort, die Museumsmenschen sind oft Teil dieser Gemeinschaften. Hier fesseln dann die Geschichten, nicht die Szenographie.
Wie kann das gelingen? Indem sich Museen neu orientieren und wie folgt arbeiten:
- fokussiert: auf Programmebene ein Thema, ein Anliegen, eine Aussage, statt möglichst alles machen zu wollen
- kooperativ: Akteur:innen einbinden, Plattform bieten, Zuhören, Fragen und Verdichten
- iterativ: Neues ausprobieren und rasch wieder verwerfen, wenn es nicht funktioniert
Megatrend Digitalisierung
Getrieben von Fördercalls und internen Ansprüchen starten viele Museen digitale Vermittlungsangebote, um mehr Menschen zu erreichen. Vergleicht man die Angebote, die Museen online unter dem Menüpunkt „digital“ oder ähnlich lautenden Namen auf ihren Webseiten anbieten, dann offenbaren sich Digitalisierungsfriedhöfe mit Massen an Scans von Exponaten, versehen mit minimalen Informationen. Wo ist der Mehrwert für die Nutzer:innen? Die Zugriffszahlen offenbaren es: Da wird viel Geld für ganz wenige eingesetzt.
Manche Museen bieten auch Online-Spiele zur Vermittlung an. Nur: Den Standard der kommerziellen Spiele zu erreichen, ist unmöglich, denn da wird mit ungleichen Waffen gekämpft: Millionen Euro, kommerzialisierte Produkte und ganze Programmierfabriken, Neurolog:innen, Spieleforscher:innen etc. auf der einen Seite, beherzte Einzelkämpfer:innen mit gutem Content und wenig Spielerfahrung auf der anderen. Was bleibt, sind Spiele, die nicht gespielt werden.
Was könnten Szenarien im digitalen Feld überhaupt sein? Auch hier: Fokussieren, kooperieren und iterativ vorgehen – also auf manches verzichten und dafür etwa Nischen besetzen. Was ein Museum nie schaffen kann, das könnten viele zusammen. Warum nicht ein Spiel für viele Museen statt “jedes” Museum sein eigenes? Oder warum überhaupt ein Museumsspiel und nicht gleich mit jenen zusammenzuarbeiten, die das können? Also Expertisen verbinden – die Programmierung und das Wissen der Gaming-Branche mit der inhaltlichen Kompetenz aus dem Museum?
Eigenverantwortung und Re-Organisation
Die Liste könnte man fortschreiben. Fazit: Fokus, Kooperieren und Iteration brauchen Eigenverantwortung und unterstützende, manchmal auch neue Strukturen. Das ist ein Plädoyer für Verzicht auf althergebrachte, selbstreferenzielle Strukturen, für mehr Kooperation nach außen und vor allem mehr Eigenverantwortung nach innen. Das steigert die Chancen sich auch neu aufzustellen und den internen und externen Ansprüchen tatsächlich gerecht werden zu können.
Credits und Zusatzinfos:
Zitat
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Peter Fritz, Andreas Geis: Eine Frage der Haltung: Eigenverantwortung und Re-Organisation im Museum, in: neues museum 24/3, www.doi.org/10.58865/13.14/243/3.