Die eigens inszenierte Bar im Hotel Austria dient als Begegnungsraum und Veranstaltungsort – ein zentraler Bestandteil des neuen Ausstellungskonzepts, Foto: Andreas Neiß
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Ein erfolgreicher Neustart zweier Ischler Museen
Kulturhauptstadtjahr Salzkammergut 2024 als Motor

Im Jahr 2024 war das Salzkammergut mit der Bannerstadt Bad Ischl Europäische Kulturhauptstadt. Bereits in der Planungsphase galt es, lange nicht verwirklichte Projekte neu zu denken, anzupassen und schließlich umzusetzen – insbesondere mit Blick auf die vielen erwarteten Gäste in der ersten Kulturhauptstadt, die sich über eine Region mit gesamt 23 Gemeinden erstreckte. Zwei zentrale Kulturinstitutionen Bad Ischls rückten dabei besonders in den Fokus: das Hotel Austria – ehemals Heimathaus bzw. Stadtmuseum – sowie die Lehárvilla. In beiden Häusern bestand Handlungsbedarf. Die Dauerausstellung im Hotel Austria war zuletzt vor 35 Jahren erneuert worden und endete thematisch mit dem Tod Kaiser Franz Josephs I. Die Lehárvilla hingegen war seit dem Tod des Komponisten Franz Lehár 1948 wie testamentarisch verfügt, unverändert geblieben und wies erhebliche bauliche Mängel auf. Es war höchste Zeit, beide Häuser neu zu denken und zukunftsfähig zu gestalten.
 

Hotel Austria – Ein Ort für neue Perspektiven

In den 1980er Jahren übersiedelte das Museum vom „Stöckl“ der Lehárvilla an die Esplanade Nr. 10 – in ein geschichtsträchtiges Gebäude direkt an der Traun. Die ältesten Bauteile des heutigen Hotel Austria stammen aus dem 17. Jahrhundert. Über Jahrhunderte war das Haus im Besitz von Salzfertigerfamilien, ehe es in den 1870er Jahren zum Hotel umgebaut wurde – in einer Zeit, in der sich Ischl vom Salzhandelszentrum zum mondänen Kur- und Sommerfrischeort der Monarchie wandelte. Kaiser Franz Joseph I. machte Ischl zu seiner Sommerresidenz, verbrachte hier mehr als 80 Sommer seines Lebens, frönte der Jagdleidenschaft, empfing Staatsgäste und verlobte sich auch hier in Ischl 1853 mit Elisabeth, Herzogin in Bayern, im Haus des Salzfertigers Seerauer – dem späteren Hotel Austria.
 
Die kaiserliche Präsenz machte Ischl zu einem gesellschaftlichen Hotspot. Adelige, Künstler:innen und Intellektuelle aus nahezu ganz Europa reisten zur Sommerfrische an. Bis in die 1980er Jahre wurde das Gebäude als Hotel betrieben, bevor es schließlich in städtischen Besitz überging. Ein Stadtmuseum wurde eingerichtet – für damalige Verhältnisse innovativ, doch inhaltlich und gestalterisch in den Folgejahren nicht mehr weiterentwickelt. Erst mit dem Kulturhauptstadtjahr bot sich die Gelegenheit für eine grundlegende Neuaufstellung.
Die Wiedereröffnung fand im Juli 2024 statt, wofür die einzelnen Räume des Hauses inhaltlich, gestalterisch und inszenatorisch neu konzipiert und um ein Vermittlungsprogramm für Kinder in analoger Form sowie um ein digitales Spiel für junge Erwachsene erweitert wurden. Ein besonderes Gestaltungselement stellt dabei das Spiel mit der Hotelästhetik dar: Die Lobby fungiert als Ausgangspunkt der Ausstellung, wo man anstatt des Zimmerschlüssels das Museumsticket erhält. Eine eigens gestaltete Bar dient als Ort des Austauschs und wird bei Veranstaltungen tatsächlich bespielt. Ergänzt wird die Ausstellung durch den reich illustrierten Katalog „Sehnsucht Salzkammergut“, erschienen im Böhlau Verlag, der die Themenfelder der Ausstellung vertieft.
 

Lehárvilla – Ein Haus als Rückzugsort für einen Komponisten 

Auch Franz Lehár war dem Reiz Ischls erlegen. Der berühmte Operettenkomponist kam 1901 als k. u. k. Militärkapellmeister erstmals nach Ischl und erwarb 1912 eine Villa an der Traun. Sie wurde sein Rückzugsort, Inspirationsquelle und Arbeitsstätte zugleich. Hier entstanden zahlreiche Werke, darunter Welterfolge wie „Die lustige Witwe“ oder „Das Land des Lächelns“.
In seinem Testament verfügte Lehár, dass die Villa, die er der Stadtgemeinde Bad Ischl vermachte, nach seinem Tod der Öffentlichkeit als Museum zugänglich gemacht werden solle. Tatsächlich wurde die Ausstellung über Jahrzehnte nicht verändert – entsprechend dem Wunsch Lehárs, der hier seine Kunst- und Antiquitätensammlung für die Nachwelt bewahrte. Bauliche Schäden machten eine grundlegende Sanierung nach 60 Jahren, in denen das Haus geöffnet war, nunmehr unabdingbar. In einem aufwendigen Restaurierungsprozess, unter Federführung des Bundesdenkmalamts, einem Architekturbüro und einem Team von 18 Restaurator:innen und über 30 Handwerker:innen, wurde das Gebäude über drei Jahre hinweg mit einem Budget von vier Millionen Euro überarbeitet. Die originalen Raumfassungen und Möbel Lehárs wurden dabei ebenso wie seine umfangreiche Sammlung an Kunst und Antiquitäten restauriert. Neu eingerichtet wurde ein Museumsshop und ein flexibel bespielbarer Sonderausstellungsraum. Die Wiedereröffnung erfolgte im Mai 2024. Im August 2025 erscheint dazu der Ausstellungskatalog „In Ischl habe ich immer die besten Ideen. Franz Lehárs Villa an der Traun“ im Böhlau Verlag Wien, der die Villa als Lebens- und Arbeitswelt Lehárs zum Thema hat und auch auf den Restaurierungsprozess eingeht. 
 

Chancen und Herausforderungen des Neustarts

Bad Ischl hat sich im Kulturhauptstadtjahr 2024 erfolgreich als moderner Sehnsuchtsort positioniert. Auch wenn sich das Konzept der Sommerfrische verändert hat – man verbringt heute nicht mehr Wochen, sondern gezielte Auszeiten in der Region –, so bietet die Stadt mit ihren beiden neu gestalteten Museen zusätzliche kulturelle Anziehungspunkte.
Beide Häuser liegen in bester Lage – direkt an der Traun, im Stadtzentrum, fußläufig zur Kaiservilla und zum traditionsreichen Café Zauner. Die verbesserte öffentliche Anbindung – etwa die stündliche Eisenbahn-Verbindung entlang des Traunsees – macht die Anreise nicht nur einfacher, sondern bietet bereits unterwegs einen atmosphärischen Einstieg in das Thema Sommerfrische.
In der Zusammenarbeit mit dem Bad Ischl Tourismusverband werden neue Besuchsformate erprobt und Spezialführungen angeboten, wofür auch Austria Guides herangezogen werden, Öffnungszeiten an die Bedürfnissee der Besucher:innen angepasst und zielgruppenspezifische Vermittlungsangebote – etwa für Kinder, Jugendliche erarbeitet. Ziel ist es, die Häuser nicht nur für Gäste von außen attraktiv zu gestalten, sondern sie als Orte gelebter Kultur in der Stadt zu verankern.
Dabei ist besonders die Lehárvilla mit ihrer Originalausstattung ein einmaliges Zeugnis bürgerlicher Wohnkultur um 1900. Das Hotel Austria wiederum präsentiert nicht nur glanzvolle Geschichten der Sommerfrische, sondern auch kritische Kapitel der Stadtgeschichte wie den Bürgerkrieg und den Nationalsozialismus. Die Neukonzeption beider Häuser erfolgte dabei stets in enger Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt, dem Ausstellungsgestalter, den Kurator:innen und der Kulturvermittlerin. – Letztere wurde frühzeitig in den Prozess eingebunden, um die Besucher:innenperspektive mitzudenken.
 
Doch trotz umfangreicher Medienpräsenz im Kulturhauptstadtjahr 2024 ist vielen Ischler:innen noch nicht bewusst, dass beide Häuser inhaltlich und gestalterisch neu aufgestellt wurden. Um die lokale Bevölkerung stärker einzubinden, sollen künftig niederschwellige Veranstaltungen, Kooperationen mit Schulen und Vereinen sowie Projekte mit lokalen Künstler:innen realisiert werden. Das Standesamt, das im Hotel Austria untergebracht ist, eröffnet zudem eine neue Besucher:innengruppe, die durch Hochzeiten ins Museum kommen.
 

Museen als kulturelle Lebensorte der Stadt

Der Neustart der beiden Museen in Bad Ischl ist gelungen – nicht nur baulich und gestalterisch, sondern auch konzeptionell. Die Häuser verstehen sich als lebendige Orte der Erinnerung, der Begegnung und der kulturellen Bildung. Sie vermitteln Geschichte nicht als etwas Abgeschlossenes, sondern als etwas, das sich ständig neu erzählt. 
Gerade in einer Stadt mit so starkem historischem und kulturellem Erbe wie Bad Ischl kommt diesen Institutionen eine zentrale Rolle zu. Sie bewahren nicht nur Vergangenes, sondern prägen das kulturelle Selbstverständnis der Region. Indem sie Identität stiften und Zugehörigkeit erfahrbar machen, tragen sie wesentlich dazu bei, Bad Ischl als Kultur(haupt)stadt mit internationaler Strahlkraft weiterzuentwickeln – auch über das Jahr 2024 hinaus.

Credits und Zusatzinfos: 

Empfohlene Zitierweise
Herta Neiß: Ein erfolgreicher Neustart zweier Ischler Museen. Kulturhauptstadtjahr  Salzkammergut 2024 als Motor, in: neues museum 25/3, www.doi.org/10.58865/13.14/253/5.
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