Foto: mumok / Stefan Oláh
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Crowdsourcing, Programmieren und kreative Zusammenarbeit mit jungen Menschen
Die innovative Zukunft der Museumspraxis im mumok

Die Museumslandschaft steht vor einer Zeitenwende: Ihre Zukunft wird durch die Verknüpfung von Technologie und partizipativer Kulturpraxis neugestaltet. Vor diesem Hintergrund hat das mumok – Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien – innovative Impulse für das Aufbrechen traditioneller Museumsstrukturen gesetzt. Das Projekt Ludwig goes Digital!, gefördert durch die Peter und Irene Ludwig Stiftung, ebnet den Weg hin zu einer dynamischen und interaktiven Museumszukunft, in deren Mittelpunkt die Vernetzung der mumok-Sammlungen mit der Technologieaffinität und Kreativität junger Menschen steht. 
Dieser Artikel soll einen kurzen Einblick in neue Möglichkeiten der Museumspraxis im mumok erlauben, die durch Ineinandergreifen von partizipativer Forschung und Bildungsarbeit die Sammlungen des Hauses für lebendige gesellschaftliche Diskurse zugänglich macht.

Die Genese der Sammlung Ludwig im mumok nimmt ihren Ursprung im Frühjahr 1977, als das Künstlerhaus mit der Ausstellung Kunst um 1970 erstmals Werke des deutschen Sammlerehepaares Peter und Irene Ludwig in Wien ausstellte. Die daran anknüpfende Initiative, eine Anzahl von Werken der Sammlung dauerhaft nach Wien zu verleihen, sowie die Gründung der Österreichischen Ludwig-Stiftung im Jahr 1981 bedeutete für die Sammlung des mumok (damals: Museums des 20. Jahrhunderts) eine substantielle Neuausrichtung. 

Peter Ludwigs Fokus lag auf der figurativen Kunst der 1960er- und 1970er-Jahre. Die Dauerleihgaben und Schenkungen der Peter und Irene Ludwig Stiftung sowie der Österreichischen Ludwig-Stiftung zählen zu den Schlüsselwerken des heutigen Museums. Für Ludwig goes Digital! wurden die inhaltlichen und technischen Vorgaben des Projektes gemeinsam mit Jugendlichen in den Räumlichkeiten des mumok in wöchentlichen Programmierkursen umgesetzt. Die erste Phase des Projekts bestand aus einer intensiven Auseinandersetzung mit wesentlichen Werken und ihren Künstler:innen sowie mit der strategischen Entwicklung der Sammlung Ludwig.

Zusätzlich zur Beschäftigung mit den künstlerischen und sammlungsbezogenen Strategien rückte der museologische Part der Grundlagenforschung und digitalen Sammlungsdokumentation in den Vordergrund. Dabei galt es nicht nur, bisherige museale Praktiken zu hinterfragen und bestehende Strukturen kritisch zu reflektieren, sondern auch in aktiver Zusammenarbeit mit den Teilnehmer:innen gemeinsam Wissen zu schaffen.

In der intellektuellen Auseinandersetzung mit den Kunstwerken setzten wir uns mit verschiedenen Themen und Fragestellungen auseinander, die sich in der modernen Kunst sowie in den neuen Technologien stellen. Dabei diskutierten die Teilnehmer:innen beispielsweise vertiefend verschiedene Formen von Künstlicher Intelligenz, ihre Bedeutung im kulturellen Kontext und die dahinter liegende Programmierung. Ziel war, hier nicht bloßes Coden, sondern die damit einhergehende Vermittlung und Diskussion der ethischen Bedenken, technischen Hintergründe, philosophischen Überlegungen und gesellschaftlichen Reaktionen auf maschinelles Lernen, künstliche neuronale Netze und Chatbots.

Die gemeinsam entwickelten Konzepte, Inhalte und Informationen wurden in der zweiten Phase des Projektes wiederum in die Sammlungsdokumentation des mumok zurückgeführt. Dabei war die Entwicklung einer sicheren, interaktiven, digitalen Forschungsumgebung von großer Bedeutung, die einerseits die Lernprozesse und andererseits die Grundlagenforschung im mumok unterstützt. 

Im Rahmen einer zukunftsweisenden Partnerschaft zwischen mumok, der Firma Walter Nagel und Semantics, zwei Unternehmen mit herausragender Expertise im digitalen Sektor, konnte ein innovatives Crowdsourcing-Modul für die Sammlungsforschung des mumok entwickelt werden. Dieses Modul ist Teil eines größeren Vorhabens, das darauf abzielt, die Teilnehmenden von Bildungsprogrammen des Museums aktiv in die wissenschaftliche Arbeit einzubeziehen. Die digitale Forschungsplattform macht es möglich, dass museale Inhalte nicht mehr nur von den Mitarbeiter:innen des Museums, sondern von einem breiten Publikum mitgestaltet werden können. Das Crowdsourcing-Modul wurde speziell auf die Bedürfnisse des mumok zugeschnitten und erlaubt eine intuitive Bedienung, sodass Nutzer:innen auch ohne vertiefte technische Kenntnisse eigenständig Beiträge leisten können. Die Teilnehmenden können somit in direktem Kontakt mit den Museumsobjekten und -inhalten stehen, diese erforschen, die gewonnenen Erkenntnisse selbst dokumentieren und für andere zugänglich machen und somit unmittelbar an der Erweiterung und Vertiefung der Sammlungsdokumentation des mumok mitwirken.

Die Involvierung unterschiedlicher Perspektiven, die von den Teilnehmer:innen und den wissenschaftlichen Mitarbeiter:innen des mumok gleichermaßen eingebracht werden, fördert die Demokratisierung des Wissens und stärkt den multiperspektivischen Ansatz in der Kulturerbevermittlung.

Basierend auf den gemeinsam erarbeiteten Daten und Informationen wurden im Anschluss im Co-Creation-Prozess Visualisierungen der Sammlungsbestände entworfen. Diese werden in einem letzten Projektschritt in Form eines digitalen Services Besucher:innen auch online zugänglich gemacht. Die professionelle Produktion eines repräsentativen, benutzer:innenfreundlichen digitalen Kulturservices in diesem Projekt soll transparent gestaltet und für die Jugendlichen und zukünftigen Nutzer:innen nachvollziehbar sein.

Die transparente Zusammenarbeit mit dem Technologiepartner Semantics hebt das partizipative Potenzial auch im Bereich der Softwareentwicklung für den musealen Bereich hervor und repräsentiert einen Meilenstein in der digitalen Museumspraxis.

Die Vorteile eines interaktiven Projektprozesses sind vielfältig: Er fördert die Teilhabe und das Engagement der Öffentlichkeit am kulturellen Diskurs, ermöglicht neue Erkenntnisse durch die Kombination unterschiedlicher Sichtweisen und erhöht die Transparenz des Wissensbildungsprozesses. Zudem verstärkt das gemeinschaftlich konzipierte Modul die Bindung von Besucher*innen an das Museum, indem es ihnen eine aktive Rolle in der Gestaltung der Sammlung und in der Wissensvermittlung zuweist.

Im Sinne der Transparenz sollen im Projekt erarbeitete Erkenntnisse und Erfahrungen auch anderen Kulturinstitutionen zur Verfügung gestellt werden. Kunstwissenschaftliche, museologische und pädagogische Konzepte werden ausführlich besprochen und zusammen mit Learnings aus dem Projektverlauf und den Evaluierungs- und Forschungsergebnissen in Form einer Publikation im Herbst dieses Jahres veröffentlicht. Um auch hier den diskursiven Gedanken aufzugreifen, wird diese im Rahmen einer Konferenz im September präsentiert und zusammen mit Forscher:innen aus dem Kunst- und Kulturwissenschaftlichen Bereich besprochen. Unsere laufend wachsende digitale Forschungsumgebung kann bereits demnächst online besucht und erforscht werden.

Gleichzeitig werden Vermittlungsformate erprobt und erarbeitet, die eine multiperspektivische Interpretation von Sammlungen und ihren Objekten erlauben und ein demokratisches Verständnis von Wissen etablieren. Uns ist es wichtig, dass wir gerade in dieser Zeit der gesellschaftlichen Umbrüche und digitalen Transformationen die Potenziale unserer Sammlungen lebensnah vermitteln, kulturelle Teilhabe sichern und über Kunst in den Austausch mit den Menschen kommen. Ziel ist eine gemeinsam gestaltete Wissensvermittlung im mumok, die durch strategisches Ineinandergreifen von intensiver Beziehungsarbeit und gleichzeitiger Öffnung der Museumspraxis mit bisher vernachlässigten Perspektiven in Austausch tritt und so substantiell zur Erweiterung des musealen und kulturellen Narrativs beiträgt. 

Das Projekt Ludwig goes Digital! im mumok wird ermöglicht von der Peter und Irene Ludwig Stiftung.

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