schlossORTH Nationalpark-Zentrum – Foto: C.Stadler/BWag
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Auf Augenhöhe mit den Besucher:innen – versuchen wir’s!

Die Nationalpark Donau-Auen GmbH betreibt eine Ausstellungseinrichtung, das schlossORTH Nationalpark-Zentrum, mit ca. 24.000 Besuchenden im Jahr. Bis Anfang 2026 wird die zentrale, seit fast 20 Jahren gezeigte Dauerausstellung erneuert.
Von Anfang an war klar, das Publikum soll einbezogen werden, um die Ausstellung besucher:innenorientiert zu planen und die gewünschten Qualitäten zu erreichen.

Wie macht man das in einem engen finanziellen und zeitlichen Rahmen am besten? Orientierung bietet das praxisnahe Design-Manual „Wegweiser Evaluation“ von Patricia Munro (e. a., 2009), welches anschaulich beschreibt, wie Evaluation in den verschiedenen Phasen der Ausstellungsentwicklung sinnvoll eingesetzt werden kann. Eine Schwierigkeit war, die geeigneten Fachleute in Österreich zu finden, die Suche wurde auf Deutschland ausgedehnt.
 

Ausgangslage im ersten Halbjahr 2024 

Evaluation

Gefunden wurden zwei Personen mit verschiedenen, sich ergänzenden fachlichen Schwerpunkten, mit denen der Prozess für den Zeitraum 2024 bis 2026 gemeinsam geplant werden konnte: eine österreichische Sozialwissenschafterin mit Fokus auf Begleitforschung zu Wissenschaftsvermittlungsaktivitäten, die zudem Erfahrung mit Gruppen in Beteiligungsprozessen mitbringt, sowie eine deutsche Evaluationsexpertin und eine Mitautorin des „Wegweiser Evaluation“ mit Erfahrung in der Ausstellungsplanung. 
 
  • Gestaltung und Inhalt: Für die Gestaltung wurde ein Büro für Ausstellungsgestaltung dazu geholt sowie eine Person für die inhaltliche Ausarbeitung (Kuration). Wichtig war, dass sich Gestaltung und Inhalt auf die Ergebnisse der Evaluation im Planungsprozess einlassen konnten.
  • Inhaltliche Ausrichtung: Im Haus lagen die inhaltlichen Ziele für die neue Ausstellung vor, die Leitplanken, die „Job Description“ für die insgesamt vier Räume. Wie stark sich die neue Ausstellung an der bestehenden orientieren wird, ist zu diesem Zeitpunkt offen.
  • Bestehende Ausstellung: Bis zum Beginn des Umbaus im Sommer 2025 wird die Dauerausstellung zugänglich bleiben. Sie bietet eine gute Grundlage für Diskussionen im Rahmen der Evaluation. Hier können Besucher:innen feststellen, was ihnen fehlt, was ihnen besonders gut gefällt oder was sie nicht verstehen.
 

Stand der Evaluationen Anfang 2025 und weitere Planung 

Vorab-Evaluation, formative und Nachbesserungsevaluation sind drei ineinandergreifende Teile. Die Vorab-Evaluation hatte zum Ziel, die vorgesehenen Themen, Inhalte und Botschaften der geplanten Dauerausstellung besucher:innenorientiert zu konzipieren sowie Erkenntnisse über die von Besucher:innen gewünschten Qualitäten der Dauerausstellung wie auch deren Vorkenntnisse und Interessen zu gewinnen. Sie ist mittlerweile abgeschlossen und die Ergebnisse fließen seit Sommer 2024 laufend in die Ausstellungsplanung ein.
 
Mit der formativen Evaluation sollen die vom Gestaltungsteam entworfenen Ausstellungsmodule im Hinblick auf die Vermittlung der jeweilig intendierten Botschaften und auf eine für Besucher:innen einfache und verständliche Handhabung überprüft werden. Sie wird derzeit vorbereitet: Es geht darum festzulegen, welche Teile der Ausstellung während der Entwurfsphase, die bis Frühjahr 2025 läuft, mit dem Publikum in Form von Mock-Ups oder Grafiken getestet werden sollen, um weitere Erkenntnisse zu ihrer Umsetzung zu gewinnen.
 
Aufgabe der Nachbesserungsevaluation ist es herauszufinden, ob die Ausstellung wie gewünscht „funktioniert“ bzw. welche Ausstellungselemente noch korrigiert werden sollten. Sie soll im kommenden Winter, vor der eigentlichen Eröffnung 2026, und mit Besucher:innen direkt in der bereits aufgebauten neuen Ausstellung durchgeführt werden.
 

Bericht von der Vorab-Evaluation

In der Vorab-Evaluation wurde sich zunutze gemacht, dass es mit der bestehenden Ausstellung eine anschauliche Basis gab. Im Rahmen von drei Fokusgruppen mit sieben bis acht Teilnehmenden tauschten sich Besucher:innen über gewünschte Qualitäten der neuen Dauerausstellung aus. Die Leitung übernahm die Sozialwissenschafterin aus dem Evaluatorinnen-Team. Die Projektleitung aus dem Team des Nationalparks nahm beobachtend teil.
 
Leute nach ihrer Meinung fragen: Was ist eine Fokusgruppe?
 
Die Veranstaltungen nahmen ihren Anfang mit einem nicht-geführten Besuch der bestehenden Ausstellung. Daran anschließend fand eine zweistündige Diskussion statt. Diese Fokusgruppen hatten sowohl die Rückmeldung zur bestehenden Dauerausstellung als auch Erwartungen, Anregungen und Ideen für die neue Präsentation im Fokus. 
Den Auftakt machten im Mai 2024 Menschen, die sich beruflich mit Ausstellungen beschäftigen. Die alte Ausstellung wurde gehörig auseinandergenommen. Es brachte viel, an konkreten „Fehlern“ zu arbeiten, anstatt nur abstrakt zu diskutieren. Die Teilnehmenden waren von der Gesprächsatmosphäre angetan. Einige nahmen sich vor, bei eigenen Projekten Blicke und Meinungen von außen zuzulassen und zeigten sich bereit, auch in der weiteren Planung zur Seite zu stehen, worauf die Projektleitung bereits zurückgekommen ist.
Die Kommunikation mit Besucher:innen, dem eigentlichen Kern des Vorhabens, begann im Juni 2024 mit zwei weiteren Fokusgruppen. Eine Vielfalt an Hintergründen betreffend Alter, Geschlecht und geografischer Herkunft wurde angestrebt, eine Aufwandsentschädigung angeboten, die hauptsächlich jüngere Personen (Schülerin, Studierende) in Anspruch nahmen.
 
Ergebnisse aus den ersten drei Fokusgruppen
 
Nutzen der früh angesetzten Evaluationsmaßnahmen war, dass erste Ergebnisse bereits am Beginn der Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft diskutiert und in die Weiterbearbeitung des Konzepts einfließen konnten. Bei einem Analysetreffen waren beide Evaluatorinnen dabei, so konnte zu einem frühen Zeitpunkt Sinn und Zweck der gesamten Maßnahmen erklärt werden.
Vieles überschnitt sich in den Diskussionen der drei Gruppen und wir können annehmen, dass eine weitere Gruppe keine grundlegend neuen Erkenntnisse gebracht hätte. Neben Erwartbaren kamen auch neue wertvolle Hinweise wie diese: Bei Menschen bis zu einem Alter von etwa 30 Jahren gibt es kaum Wissen über die Entstehung des Nationalparks 1984 aus einer Protestbewegung. Wenn dieses Thema zur Sprache kommt, ist das Interesse aber groß. Man ist sich einig, dass hier ein lohnendes Thema schlummert. Jüngere Menschen verbinden heute zudem Umweltschutz durchgehend mit der Klimathematik. Darüberhinaus gehende zentrale Themen für den Nationalpark, insbesondere im Zusammenhang mit Biodiversität, müssen besonders gut eingeführt und erklärt werden. 
Jedoch ist auch der erwartbarere Input wertvoll. Es spiegeln sich darin beispielsweise unterschiedliche Präferenzen, die auch im Team vorhanden sind, was Anlass gibt, diese Stellen besonderes genau zu prüfen. So scheiden sich etwa an einer bestehenden, aufwändig gemalten Rauminstallation, dem „Au-Theater“, die Geschmäcker.
 
Finale Fokusgruppe mit Vermittlungspersonal
 
Zu Abschluss des Vorentwurfs wurden noch Ranger:innen des Nationalparks in die Evaluation einbezogen. Das sind jene Personen, die später in der Ausstellung mit dem Publikum arbeiten. Sie werden 2025 parallel zur Planung und Umsetzung auch die Vermittlungsprogramme ausarbeiten. Es muss ihnen daher früh klar sein, was die Ausstellung thematisch leistet und was nicht. Die thematischen Lücken können durch Vermittlungsprogramme ergänzt werden. Die Veranstaltung fand im Beisein der Arbeitsgruppe und anhand von Modellen der Ausstellungsräume statt. Es drehte sich viel um Fragen und Vorschläge zur Gruppentauglichkeit der Ausstellung. 
 
Der Nationalpark Donau-Auen organisiert 2026 eine Tagung zum Thema „Entwicklung einer Ausstellung mit Evaluation“.

Credits und Zusatzinfos: 

Die Evaluation wird unterstützt durch das EU-Förderprogramm Interreg VI-A Slovakia-Austria 2021–2027.


Buchtipp:
Thomas Pyhel, Patricia Munro, Eva Siekierski, Monika Weyer, Wegweiser Evaluation– Von der Projektidee zum bleibenden Ausstellungsergebnis. oekom verlag, 2009, vergriffen, gebraucht erhältlich

Empfohlene Zitierweise
Joanna Stockhammer: Auf Augenhöhe mit den Besucher:innen – versuchen wir’s!, in: neues museum 25/1-2, www.doi.org/10.58865/13.14/2512/1.
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