Exkursion München. Zur Sichtbarkeit von Geschichte im öffentlichen Raum, 2021, Foto Museumsakademie
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20 Jahre Museumsakademie!

Im Mai 2004 begannen am Universalmuseum Joanneum unter der Projektleitung des Kunsthistorikers und Museologen Gottfried Fliedl die Vorbereitungen zur Schaffung eines „Kompetenzzentrums Museologie“ (Arbeitstitel). Aufbauend auf seinen mehrjährigen Erfahrungen mit der „Internationalen Sommerakademie für Museologie“ folgte er der Idee, erstmals in Österreich eine fixe Einrichtung für museologische Aus- und Weiterbildung zu etablieren. Knapp ein Jahr später, im März 2005, nahm die „Museumsakademie Joanneum“ mit einem kleinen, dreiköpfigen Team ihre Arbeit auf. Ihre Finanzierung wurde – dank der Bemühungen von Wolfgang Muchitsch und Peter Pakesch, dem damaligen Leitungsduo des Joanneums – durch das Land Steiermark sowie den Bund (BMKOES) sichergestellt, die sich dankenswerterweise bis heute zu gleichen Teilen engagieren.
 
Die „Museumsakademie Joanneum“ sollte von Beginn an ein möglichst offener, flexibler Ort der Reflexion, der Begleitung und des Trainings sein. Konzeptionell grundlegend vor dem Hintergrund dieser Zielsetzung waren die konsequente Verschränkung von Museumspraxis mit der sich zum damaligen Zeitpunkt dynamisch entwickelnden museologischen Theorie, zudem eine konsequent transdisziplinäre Arbeitsweise sowie die Zusammenarbeit mit Museen, Universitäten und weiteren Kultureinrichtungen im deutschsprachigen Raum. In der Praxis wurde ab 2005 mit dem Aufbau einer Bibliothek und eigener Dokumentationsarbeit begonnen, Workshops, Tagungen und Exkursionen zusammengestellt, Forschungsprojekte und Publikationen auf den Weg gebracht, Beratungen organsiert sowie Ausstellungen und künstlerische Kooperationen mitkonzipiert. 

Zielgruppe dieser Aktivitäten waren Leiter:innen und Mitarbeiter:innen von Museen, freie Kurator:innen, Gestalter:innen und Vermittler:innen sowie Wissenschafter:innen, Künstler:innen und Studierende mit Interesse an Museumsfragen bzw. dem Wunsch, die eigenen museologischen Kompetenzen zu vertiefen.

Ein wesentliches Moment der frühen Jahre stellte schließlich die Anbindung an das Joanneum dar: Gerade die institutionelle Verankerung in der Museumspraxis konnte in den Anfängen sicherlich dazu beigetragen, die Akzeptanz auf Seiten der Museumspraktiker:innen, aber auch die Offenheit vieler kooperierender Museen zu erhöhen.

Vieles von dem, was vor 20 Jahren essenziell war, ist auch heute noch grundlegend für die Arbeit der Museumsakademie! Wechselnde Zusammensetzungen des Teams, die Übernahme der Leitung durch Bettina Habsburg-Lothringen im Jahr 2010 sowie durch ein Leitungsteam ab 2018, haben nichts daran geändert, dass die Institution Museum im Zentrum des Interesses und sämtlicher Aktivitäten der Akademie steht. Dynamiken in den Bereichen Wirtschaft und Politik, fortlaufende technologische Veränderungen, neue gesellschaftliche Fragen und Herausforderungen sowie damit einhergehende veränderte Wahrnehmungen und Sensibilitäten haben die Fokussierung auf den Gegenstand nicht obsolet gemacht, sondern den Bedarf an den Angeboten der Akademie noch erhöht: Weil die genannten Entwicklungen auf die Museen wirken, blieb das Bedürfnis ihrer Verantwortlichen nach Austausch, Orientierung und Reflexion von Gestaltungsoptionen stetig groß.

Wir versuchen dies in unseren Workshops, Tagungen und Exkursionen in angemessener Weise zu berücksichtigen: Wir bemühen uns, museums- und ausstellungsspezifische Themen aller Art nah an den Bedürfnissen und Arbeitswirklichkeiten der Teilnehmer:innen aufzubereiten, zukunftsträchtige Projekte vorzustellen, in alle Richtungen offener und einladender Umschlagplatz für den Wissensaustausch zu sein oder mit praktischen Übungen zu inspirieren – immer mit dem Ziel, zur positiven Entwicklung des Museums beizutragen und es als gesellschaftlich relevanten Ort mit ganz spezifischen Aufgaben und Funktionen weiter zu profilieren.
Diese Zielsetzung legt ein Denken über Fachgrenzen hinweg ebenso nahe wie das Agieren in einem internationalen Netzwerk und die Zusammenarbeit mit Partner:innen aus europäischen Museen und Universitäten, die auch jene Verknüpfung von theoretischem Reflexionswissen und musealem Erfahrungswissen ermöglichen, die uns so wichtig ist.

So haben wir über den Zeitraum von zwei Jahrzehnten Tausende Menschen kennengelernt und ein Netzwerk aufgebaut, das uns teilweise seit den ersten Tagen begleitet. In Hunderten Dienstreisen haben wir unzählige Museen und Ausstellungen besucht. Wir haben für lokale Museumspraktiker:innen den Blick auf die europäische Museumslandschaft organsiert und umgekehrt über viele Jahre im Auftrag des „Ministeriums für Europäische und internationale Angelegenheiten“ Museumsschaffende aus dem nordafrikanischen und arabischen Raum mit der österreichischen Museumspraxis in Kontakt gebracht. Über den gesamten Zeitraum unseres Bestehens konnten wir uns einer bemerkenswerten Unterstützung durch zahlreiche Museen in Österreich, Deutschland und der Schweiz sicher sein, die uns immer wieder gastfreundlich aufgenommen und mit Räumlichkeiten, inhaltlicher Expertise sowie organisatorischer Hilfestellung zum Gelingen von Veranstaltungen beigetragen haben. Dabei haben wir gelernt, dass eine gelungene Veranstaltung nicht nur von der Atmosphäre toller Veranstaltungsorte und erwartungsgemäß der Kompetenz und dem Engagement der Referierenden abhängt, sondern besonders stark immer wieder von den Beiträgen der Teilnehmenden lebt, die mit ihrer Expertise und oft jahrelangen Erfahrung in Museen und Ausstellungsbüros, Forschungseinrichtungen oder sozialen und Kulturinitiativen die Diskussionen und Workshops vorantreiben.
Und was bedeutet „Museumsakademie“ für diese unsere Teilnehmenden? Aus zahlreichen Rückmeldungen wissen wir: Ein Gutteil derer, die uns kennen, verbinden mit der Museumsakademie ein jährlich neues Veranstaltungsprogramm, das man unkompliziert für sich in Anspruch nehmen kann, wenn man es für den eigenen Alltag gerade braucht, weil man z. B. über ein neues Depot oder Fragen der Digitalisierung nachdenkt, eine Dauerausstellung plant, zusätzliche Vermittlungsformate entwickeln möchte oder mit veränderten Erwartungshaltungen umgehen will. Die Angebote der Museumsakademie versprechen Orientierung für das eigene Tun, was auch bedeuten kann, sich klarer darüber zu werden, was man für das eigene Haus oder Projekt nicht möchte. Gleichgültig, ob aus der Museumspraxis oder Forschung kommend, nehmen Teilnehmer:innen die Museumsakademie als Plattform für Austausch auf Augenhöhe wahr. Sie ermöglicht, Kolleg:innen zu treffen und von den Erfahrungen anderer zu profitieren. Sie gibt kompakte Einblicke, ermöglicht es, in kurzer Zeit viel zu hören oder zu sehen. Sie weitet den Blick und bietet gleichzeitig eine kurze Auszeit vom Pragmatismus und dem Korsett des eigenen Arbeitsalltags.

Nach 20 Jahren blicken wir als Museumsakademie auf 184 Veranstaltungen an 70 Orten zurück, gestaltet von insgesamt 1.341 Vortragenden, realisiert für 5.472 Teilnehmer:innen (Stand: August 2024). Wir haben Bücher herausgegeben und zahlreiche Texte publiziert, sind regelmäßig in Beiräten, als Vortragende, Gutachterinnen und Moderatorinnen präsent. Längst stecken wir in der Planung für das Jahr 2025, in dem wir uns u. a. fragen wollen, was feministisches Kuratieren heute bedeutet, welche Spuren der NS-Geschichte es rund um Nürnberg gibt oder wie es um die Aufenthaltsqualität in Museen steht. Wir würden uns sehr freuen, Sie im Rahmen einer dieser oder der weiteren Veranstaltungen zu treffen!

Credits und Zusatzinfos: 


Empfohlene Zitierweise
Bettina Habsburg-Lothringen: 20 Jahre Museumsakademie!, in: neues museum 24/4, www.doi.org/10.58865/13.14/244/5.
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